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Große Liebe
'Kermani, Navid - Große Liebe'
ann es sein, dass man die ganz große Liebe schon mit fünfzehn erlebt und alles was danach kommt, an diese eine Liebe nie mehr heranreicht? Dem Erzähler von Navid Kermanis Roman geht es so. Heute, nach über dreißig Jahren, blickt er auf diese Zeit zurück. In hundert kleinen Kapiteln, die oft nur wenige Seiten umfassen, versucht er dem Gefühl von damals auf die Spur zu kommen. Damals, das ist das Jahr 1983, die Friedensbewegung formiert sich, es gibt Widerstand gegen den NATO-Doppelbeschluss. Man demonstriert in Birkenstock-Sandalen, trägt zur Latzhose bunte Pullis und gelesen wird "Der Tod des Märchenprinzen" von Svende Merian. In dieser alternativen Szene ist der Erzähler mit "der Schönsten des Schulhofs" mittendrin. Er, der offiziell noch nicht mal in der Raucher-Ecke stehen darf, hat sich in die vier Jahre ältere Jutta verliebt.
Am Ende ist es lediglich eine gute Woche, die ihre Liebe dauert. Navid Kermani, geb. 1967, versetzt seine Liebesgeschichte mit Passagen aus der arabisch-persischen Liebesmystik. Und er spart nichts aus. Vom ersten Kuss, das Sehnen nach der Gegenwart des anderen, den ersten Sex, bis zur Verzweiflung, wenn der Partner sich nicht meldet, und das endlose Warten. Am Ende steht das Scheitern, die Verzweiflung, die alles verdrängt und zu aberwitzigen, irrsinnigen Handlungen führt.
Der Autor macht es seinen Lesern nicht einfach, sein Text ist in einer sehr poetischen Sprache geschrieben, die man nicht schnell überblättern kann. Die Seitenzahlen im Buch sind nicht fortlaufend, sondern bezeichnen die einzelnen Kapitel und so dehnt sich die Lektüre von hundert Seiten leicht auf mehr als das Doppelte. Es lohnt sich aber hinzuhören und genau zu lesen, um zu begreifen: "Dass nicht Wollen das Ziel ist, sondern das Gewolltsein." Gar nicht so leicht, wenn man jung und ungestüm auf Eroberungs-Tour ist.
Manuela Haselberger, 2014-03-13
 
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