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Die Plantagen beschäftigten eine ganze Anzahl einheimischer Arbeiter, die einen für westliche Begriffe geringen, für jene Region jedoch vergleichsweise guten Lohn erhielten. Die Hälfte einer jeden Plantage (fünfundvierzig Hektar) war Eigentum des Pflanzers, die andere Hälfte für einen Zeitraum von fünfunddreißig Jahren an ihn verpachtet.

Auf diese Weise befand sich in Ruanda nur eine strikt begrenzte Anzahl von Plantagen in ausländischem Besitz. Und als Kenneth und ich 1949 dort eintrafen, hatten wir keine Möglichkeit Neuland für eine Farm zu erwerben. Heute bin ich die letzte ausländische Plantagenbesitzerin in Rwanda. Alle übrigen Europäer verließen das Land während der Auseinandersetzungen um die Unabhängigkeit des Kongo. S.36

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Lesezitat nach Rosamond Halsey Carr - Land der tausend Hügel, S.


Ein Leben in Ruanda
Rosamond Halsey Carr - Land der tausend Hügel

Als die Amerikanerin Rosamond Halsey Carr 1949 zusammen mit ihrem frisch gebackenen Ehemann Kenneth in Ruanda eintrifft, ahnt sie noch nicht, dass dieses Land die Liebe ihres Lebens wird.

Die beiden stürzen sich in die Faszination des fremden Kontinents und das "Land der tausend Hügel", so der Beiname von Ruanda, nimmt sie gefangen. Doch die Ehe mit Kenneth, der vierundzwanzig Jahre älter ist, hält nicht.

Unerschrocken krempelt Rosamond die Ärmel hoch und übernimmt selbständig die Verwaltung von Mugongo, einer Pyrethrum –Plantage mit einer Größe von neunzig Hektar Grund. Schnell lernt sie alles wichtige zum nutzbringenden Anbau dieser Margeritenart, deren Blüten ein hochwirksames natürliches Insektizid enthalten.

Auf Mugongo geben sich berühmte Persönlichkeiten wie die Frau des französischen Staatspräsidenten Giscard d´Estaing oder die Berggorilla - Forscherin Dian Fossey die Klinke in die Hand. Sie bringen Rosamond die Welt in ihr abgelegenes Paradies.

Ein jäher Bruch beendet die friedliche Phase des bescheidenen Wohlstands, den Ruanda in den siebziger Jahren erreicht. Der alte Kampf zwischen den verfeindeten Tutsi und Hutu bricht in den neunziger Jahren erneut aus und endet in einem unvorstellbaren Genozid. Um die schreckliche Not der Kinder des Bürgerkriegs zu lindern, gründet Rosamond Halsey Carr, mittlerweile zweiundachtzig Jahre und die letzte ausländische Plantagenbesitzerin in Ruanda ein Waisenhaus für die Flüchtlinge.

Fazit ihres Lebens: Wenn du glaubst, die Götter Afrikas schenken dir ein Lächeln, stellst du überrascht fest, dass sie nur mit dir spielen.



Rosamond Halsey Carr - Land der tausend Hügel
Übersetzt von: Petra Hrabak u.a.
© 1999, Originaltitel: "Land of a Thousand Hills"
2000, München, Diana Verlag, 336 S.

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Fortsetzung des Lesezitats ...

Ich liebte Kenneth von ganzem Herzen, aber als Ehepartner paßten wir nicht zusammen. Im Jahr 1956 wurden wir endgültig geschieden, blieben aber eng befreundet, bis er Afrika 1963 verließ . Er kehrte nach England zurück, doch da es ihm dort zu kalt war, zog er nach Südafrika, wo er unglücklicherweise bei Devisengeschäften in Schwierigkeiten geriet. Daraufhin übersiedelte er nach Sydney in Australien, vertrug aber auf die Dauer die Hitze dort nicht. S.59

Rückblickend entpuppten sich die glücklichen Monate in Buniole als Verschnaufpause vor einschneidenden Veränderungen. Ich war nach Buniole zurückgekehrt, um Frieden und Zuflucht zu finden, wurde aber weitaus reicher beschenkt. Ich lernte das Land und seine Menschen lieben und erfuhr in mir eine Kraft an Leidenschaft, die ich bis dahin nicht gekannt hatte. Daß ich zudem Cecil begegnete, war eine unerwartete Dreingabe. Eine Lektion wurde mir jedoch über die Jahre hinweg wieder und wieder erteilt: Wenn du glaubst, die Götter Afrikas schenken dir ein Lächeln, stellst du überrascht fest, daß sie nur mit dir spielen. S.89

UND so kam es, daß ich als Plantagenbesitzerin - oder besser gesagt Teilhaberin - nach Mugongo übersiedelte. Das hatte ich bestimmt Gottes wachsamem Auge zu verdanken, denn wäre ich im Kongo geblieben, der wenig später von Unruhen erschüttert wurde, hätte ich alles verloren. Der Weg nach Mugongo war lang gewesen und hatte mich über viele Umwege geführt, doch endlich fand ich dort im Februar 1955 mein Zuhause und das ist es bis heute.

Mugongo gehört zum Bezirk Mutura und liegt im nordwestichen Rwanda.

Nur wenige Orte auf dieser Welt können sich mit dem atemberaubenden Panorama und der idyllischen Gegend messen. Im Norden beherrschen die erhabenen Gipfel des Karisimbi und des Mikeno die Landschaft, im Westen ragen drohend die beiden aktiven Vulkane Nyiragongo und Nyamulagira auf. S.97

Zu den größten Herausforderungen dieser ersten Jahre auf Mugongo gehörten die vielen Elefanten, die in der Region lebten. Einerseits beeindruckte mich ihre Erhabenheit, andererseits ärgerte ich mich über die verheerenden Schäden, die sie anrichteten. Es war äußerst mühevoll, die Felder vor ihrer Freßlust zu schützen und die Tiere einigermaßen in Schach zu halten. Daß Elefanten auf der Suche nach Erbsen, Süßkartoffeln oder Mais aus dem Wald zu den Plantagen wanderten, war nichts Ungewöhnliches. Wirklich schwierig wurde es aber an dem Tag, als sie entdeckten, daß die Wurzeln von Pyrethrum-Pflanzen noch besser schmeckten. S 119

Rückblickend waren die fünfziger Jahre in Ruanda eine Dekade des Verfalls, in der ein großes Königreich seinem Ende zuging. Es stellte auf seine Weise eine ebenso verschwenderische Pracht zur Schau wie das Habsburgerreich in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg. Zwar nahmen viele von uns ein leises, unheilverkündendes Donnergrollen in der Ferne wahr, aber niemand hätte vorherzusagen gewagt, daß sich unser gewohntes Leben bald unwiderruflich ändern würde.

Die Kolonialherrschaft in Ruanda hat eine lange Geschichte. Die ersten Kolonisatoren waren die Hutu, die vor vielen Jahr- hunderten die Batwa unterwarfen. Die zweite Kolonisationswelle setzte irgendwann im fünfzehnten Jahrhundert ein, als die Tutsi in die Region einwanderten und sich ihrerseits zu Herren der Hutu aufschwangen. Als dritte Welle von Kolonisatoren schließlich kamen Ende des neunzehnten Jahrhunderts die Europäer ins Land. Die sind nun gegangen, übriggeblieben ist der westllche Einfluß allein in der Sprache, der Religion und einzelnen Institutionen. Das wahre Vermächtnis aus Ruandas Kolonialzeit ist jedoch die über vierhundert Jahre zurückreichende Feindschaft zwischen Tutsi und Hutu. Die ackerbautreibenden Hutu führten ein alles in allem friedIiches, einfaches Leben in Ruandas fruchtbarer Hügellandschaft, bis die kriegerischen Tutsi über das Land herfielen. Zwar leisteten die Hutu anfangs erbitterten Widerstand, aber der scharfe Verstand, die überlegenen militärischen Fähigkeiten und die zudem imposante Statur der Tutsi-Krieger führten rasch zur Niederlage und völligen Unterwerfung der zahlenmäßig starken Hutu-Bevölkerung. S 151

Der Genozid mit all seinen Folgen brachte eine dramatische Umverteilung der Bevölkerung in Rwanda mit sich und führte zu einer wirtschaftlichen und ökologischen Katastrophe. In Mutura, meiner Gemeinde, lebten ursprünglich neunzig Prozent Hutu und zehn Prozent Tutsi. Jetzt ist es umgekehrt. Die Tutsi-Flüchtlinge, die nach Rwanda strömen, sind in Uganda, Zaire oder Burundi geboren. Sie tragen deren Kultur und Sprache in unser Land. Ihre Kinder grüßen mich auf Swahili, nicht auf Kinyarwanda. Die einst ertragreichen Kartoffelfelder der Hutu werden jetzt als Weideland für die Langhornrinder der Tutsi genutzt. Ohne die Hutu-Bauern, die das Land beackern, hat sich ein wirtschaftliches Ungleichgewicht entwickelt, das zu einer ernstzunehmenden Nahrungsmittelknappheit führt. Ein großer Prozentsatz der Bevölkerung ist auf die Hilfe des Auslands angewiesen, um überleben zu können.

Da Rwanda nach wie vor kein funktionierendes Rechtssystem besitzt, ist es bis heute weder zu einem ordnungsgemäßen Prozeß noch zur Bestrafung begangener Verbrechen - beider Seiten - gekommen. Zehntausende Hutu, die unter dem Verdacht stehen, an dem Genozid beteiligt gewesen zu sein, wurden verhaftet und in überfüllte Gefängnisse gesteckt, in denen bereits Tausende Männer, Frauen und Kinder zusammengepfercht waren. Keiner der Beschuldigten ist bisher vor Gericht gestellt oder verurteilt, keiner der Unschuldigen entlassen worden. Letzten Zählungen zufolge sitzen über einhundertdreißigtausend Gefangene in den rwandischen Gefängnissen und warten auf einen Freispruch, der niemals kommen wird. S. 300


Lesezitate nach Rosamond Halsey Carr - Land der tausend Hügel


© by Manuela Haselberger
rezensiert am 7.4.2000

Quelle: http://www.bookinist.de
layout © Thomas Haselberger