Thema im Literarischen Quartett
am 10.12.1999




Nabokovs Katze
Thomas Lehr - Nabokovs Katze

Thomas Lehr, geboren 1953 in Speyer, ist der Name eines jungen deutschen Berliner Autors, der immer noch viel zu wenig bekannt ist, obwohl er für seinen ersten Roman "Zweiwasser oder die Bibliothek der Gnade" mit dem "Rauriser Literaturpreis" für die beste deutschsprachige Erstveröffentlichung ausgezeichnet wurde.

Vielleicht gelingt ihm mit seinem opulenten, sprach- und bildgewaltigen neuen Roman der endgültige Durchbruch.

Georg und sein Freund Hermann experimentieren im milchgesichtigen Alter von fünfzehn Jahren mit LSD. Für Georg endet diese Phase der Pubertät mit einem Horrortrip im Krankenhaus. "Der LSD-Trip hatte bei ihm den Pfropf gesprengt, der in den Köpfen der meisten Leuten zu stecken schien; seither arbeitet sein Gehirn ohne Unterlaß, denn es lag nahe, daß in ihm das Genie eines Sartre (wahlweise Schopenhauers, Heideggers usf.) biochemisch freigelegt worden und er infolgedessen verpflichtet war, sich auf das Leben einer Ausnahmeerscheinung vorzubereiten."

Nach seinem Krankenhausaufenthalt trifft er Camille, ebenfalls fünfzehn. Sie wird seine erste Freundin und die beiden halten in den nächsten zwanzig Jahren ihr platonisches Band der Freundschaft aufrecht, das immer wieder bei ihren Besuchen vor sexueller Spannung vibriert, ohne dass sie nachgeben.

Georg schlägt sich mit Sartres Wälzer "Das Sein und das Nichts" herum, verschreibt sich der Mathematik und wandert von der reifen Lisa zu Brigitte und lebt während seiner Zeit im Zivildienst eine Weile mit Stella zusammen. Für seine Beziehung zu Frauen, hat Camille Maßstäbe gesetzt, die auch Maria, die angehende Architektin, nicht befriedigen kann. Mit ihr lebt Georg während seines Studiums in Berlin. Dort verwirklicht er einen Jugendtraum: Zusammen mit seinem Freund Hermann dreht er seinen ersten Film. Endlich scheint er am Ziel seiner Suche angekommen zu sein.

Die Faszination von "Nabokovs Katze" liegt neben der intensiven Sprache, die in keiner Zeile angestrengt wirkt, im sehr fein schattierten historischen Hintergrund. Thomas Lehr beschreibt das Leben der "Nach- 68er- Generation", der er selbst angehört, ungeheuer treffend - es stimmt einfach alles: von den diskutierten Büchern, der Musik bis zu den Bildern im Fernsehen und der IKEA-Einrichtung in der Studentenbude. Bitte mehr Autoren dieses Kalibers.




Thomas Lehr - Nabokovs Katze
1999, Berlin, Aufbau Verlag, 512 S.

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© by Manuela Haselberger
rezensiert am 1999-12-01

Quelle: http://www.bookinist.de
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