Ein Bärenleben auf der Überholspur
"William Kotzwinkle - Ein Bär will nach oben"

lles fängt damit an, daß der Autor Arthur Bramhall aus Angst, daß das Manuskript seines neuen Romans vernichtet werden könnte, es in seinem Garten unter einem Baum versteckt.

Ein Bär beobachtet Arthur und nimmt die Aktentasche mit in den Wald. Es könnte ja vielleicht eine Torte drin sein - den Menschen ist alles zuzutrauen. "Als er sich sicher fühlte, stellte er die Aktentasche ab und versetzte ihr ein paar Hiebe. Die Schlösser schnappten auf, und die Tasche öffnete sich. Enttäuscht beschnüffelte er das Manuskript. Termitennahrung, sagte er sich und wollte davontrotten, da fiel ihm eine Zeile auf der ersten Seite ins Auge, und er las noch ein bißchen weiter. Sein Lesestoff hatte sich bisher auf die Schilder von Marmeladengläsern und Dosen mit Zuckerstreuseln beschränkt.....

Es gab viel Sex, und auch das Fischefangen kam nicht zu kurz; alle Details stimmten und waren faszinierend geschildert. "Dieses Buch hat einfach alles", fand er, schob das Manuskript zurück in die Aktentasche, packte den Griff mit den Zähnen und machte sich auf den Weg in die Stadt."

So beginnt der kometenhafte Aufstieg des Bären Hal Jam zum gepriesenen Bestellerautor. Seine urkomischen Erlebnisse in der Welt der arroganten Literatur-Agenten, eitlen Lektoren und verschrobenen Autoren, die in ihm keinesfalls den Bären erkennen, sondern ihn als etwas grobschlächtigen, erdverbundenen Naturburschen behandeln, sind zum Brüllen.

Es liegt nicht an Hal Jam, daß sich die Menschen so täuschen lassen. Er beantwortet ihre Fragen immer mit absoluter Ehrlichkeit. Wenn er gefragt wird, wo er denn bislang gelebt hat, antwortet er wahrheitsgemäß. Daß aus einer simplen Höhle gleich das Höhlengleichnis von Pato gemacht wird, dafür kann doch der Bär nichts.

William Kotzwinkle, bei uns als Autor von E.T. und Fan Man bekannt, hat mit seinem neuen Roman ein hinreißendes Buch über Kommunikation und Wahrnehmung geschrieben. Hal, der Bär wird zu einer Pojektionsfläche seiner Umwelt, und jeder sieht und erkennt nur noch, was er selbst gewillt ist wahrzunehmen. Und während sich der Bär immer mehr seiner Umgebung, gemäß seinem biologischen Programm, den Menschen anpaßt, geschieht dem bestohlenen Autoren genau das Gegenteil. Er fühlt sich immer mehr von der Wildnis angezogen, hält Winterschlaf und ähnelt rein äußerlich bald mehr einem Bären als einem Menschen.

Kotzwinkle spielt mit allen Möglichkeiten seiner Story und unterhält damit aufs Trefflichste. Untergeschoben hat er seiner witzig erzählten Geschichte die Mängel unserer modernen Medienwelt, unsere Hast in der Kommunikation und Wahrnehmung. Nur deshalb kann Hal bis nach Washington zum Präsidenten der Vereinigten Staaten vordringen. Und tatsächlich gelingt es ihm, wieder an ein unbeaufsichtigtes Manuskript zu kommen. Sein rasantes Autorenleben ist noch längst nicht zu Ende.
manuela haselberger

William Kotzwinkle -    Ein Bär will nach oben     Übersetzt von Hans Pfitzinger     © 1997, Frankfurt, Eichborn Verlag, 276 S., (HC)     © 1997, Rowohlt Tb, 270 S., 7.90 € (TB)     ISBN-13 978-3499138959               gebundenes Buch           Taschenbuch - broschiert
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