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Das Gleichgewicht der Welt
Rohinton Mistry - Das Gleichgewicht der Welt
er Schriftsteller Rohinton Mistry, geboren
in Bombay, hat den indischen Subkontinent zum Thema seines Romans
"Das Gleichgewicht der Welt" erkoren. Heute lebt er
in Toronto und erhielt für dieses Buch den "Giller Award",
den kanadischen Staatspreis. Er beginnt seine Geschichte im Jahre
1975 und führt sie mit nur vier Protagonisten über 860
Seiten bis ins Jahr 1984 fort.
Die junge Frau Dina, verliert nach drei Ehejahren ihren Mann durch
einen Unfall. Da sie nicht zurück ins Haus ihres Bruders
will, ist sie gezwungen, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten.
Sie nimmt einen jungen Studenten auf, dem sie ein Zimmer vermietet.
Maneck, der aus dem Gebiet des Himalajas stammt, hat Schwierigkeiten
im Studentenwohnheim und kann sich nur schwer an das großstädtische
Leben in Bombay anpassen.
Außerdem beschäftigt Dina zwei Schneider, die ihr Dorf
verliessen, da sie ihre Familien bei einem Massaker verloren haben.
Sie lehnten sich gegen den starren Zwang der Kasten auf und wollten
ihr Wahlrecht ausüben. Die beiden sind froh, daß sie
bei Dina Schneiderarbeiten erledigen können, denn sonst müßten
sie ihr Leben als Bettler auf der Straße fristen.
Rohinton Mistry begleitet seine Hauptpersonen in ihren kargen,
ärmlichen Lebensumständen über neun Jahre und beschreibt
sehr eindringlich ihren täglichen Kampf gegen staatliche
Willkür (Indira Ghandi ist Ministerpräsidentin), die
immer wieder völlig unberechenbar in ihr Dasein eingreift,
zum Beispiel in Form von Massensterilisationen oder Vernichtung
ihrer Hütten am Stadtrand. Es ist für alle Beteiligten
ein Leben unterhalb des Existenzminimums und nur durch ihren Zusammenhalt
ist es überhaupt halbwegs erträglich.
"Das Gleichgewicht der Welt" ist eine sehr realistische
Schilderung des Lebens in Bombay.
Wer in den Düften kostbarer Parfüms wohlhabender Inderinnen
schwelgen möchte, wird hier nicht auf seine Kosten kommen.
Doch für Leser, die an den wirklichen indischen Lebensverhältnissen
der Unter- und Mittelschicht interessiert sind, hat Rohinton Mistry
ein opulentes Werk verfaßt. Ein Glossar am Ende des Buches
wäre bei einem so umfangreichen Roman sehr hilfreich gewesen,
da viele Idiome nicht übersetzt wurden. Das ist allerdings
nur ein kleiner Mangel an einem absolut empfehlenswerten Buch.
Rohinton Mistry - Das Gleichgewicht der Welt
aus dem Englischen von Matthias Müller
1998, Frankfurt, Krüger Verlag, 863 S., 24.90 € (HC)
1999, Frankfurt, Fischerer Verlag, 863 S., 9.90 € (TB)
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