Kathy Lette ist eine junge australische Schriftstellerin, die bei uns noch weitgehend
unbekannt ist. Im englischen Sprachraum ist sie wegen ihrer sehr direkten und
unverblümten Äußerungen über Männer, Frauen und deren leidvollen Beziehungen
zueinander zum enfant terrible der Literatur aufgestiegen. Ihr neuer Band mit
Erzählungen "Die Sushi-Schwestern" handelt von fünf rebellischen jungen Mädchen
im Alter von 16 bis 20 Jahren, die sich mit flotten, frechen Sprüchen, schlagfertig
und kess durchs Leben wursteln. Sie sind Punks, leben in besetzten Häusern und
fallen doch immer wieder auf die alten Macho- Typen herein, die sie beim ersten
Rendezvous sitzen lassen und schon seit Jahren verheiratet sind. So ergeht es
Debbie in der ersten Story, in welcher sie sich auf den Abend mit ihrem
Auserkorenen akribisch genau vorbereitet. Vor dem Spiegel stellt sie sich die
Gretchenfrage: "Warum bist ausgerechnet du mit dickem Hintern und hohlem Kopf
zur Welt gekommen?" Sie bezeichnet sich allerhöchstens als "Drei-Minuten-
Eierkopf". Doch den Unterschied zwischen Iran und Irak schafft sie spielend. Ist
doch ihr Lover ein Intellektueller und hat Kunst und Journalismus studiert, da möchte
sie ihn schon niveauvoll beeindrucken. Die Schwierigkeiten beginnen allerdings
schon früh: "Im Kindergarten bringen sie dir mit allen Mitteln das Sprechen bei. In
der High School treiben sie dir mit allen Mitteln das Sprechen aus."
In einer anderen Erzählung nennen sich zwei junge Frauen die Sushi -Schwestern,
weil sie das Leben roh genießen wollen und dabei auf ziemlich viele tote Fische
stoßen. Monogamie halten sie für ein Tropenholz und es ist ihnen völlig
unverständlich, warum die Menschen so scharf darauf sind, auf anderen Planeten
intelligentes Leben zu entdecken, hat man doch auf der Erde bislang auch noch
keines gefunden. Vehement setzen sie sich für die Abschaffung von Vätern ein.
Dabei sind sie sicher, daß diese sich eines Tages so wie Rachenmandeln,
Weisheitszähne und Blinddärme zurückbilden werden, um schließlich ganz zu
verschwinden.
Die "Sushi Schwestern" sind herrlich komisch, einfallsreich und absolut schräg.
Ganz bestimmt ist diese Spezies nicht nur in Australien zu finden. Kathy Lette
erzählt ihre Storys locker vom Hocker und hat damit das Lebensgefühl der achtziger
Jahre treffend eingefangen.
Kathy Lette: Die Sushi-Schwestern
1995, Reinbek, rororo, 222 S.,