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Penitence Hurd und die Pest trafen am selben Tag in London ein. Penitence war achtzehn und trug einen mit Perlen bestickten Ranzen bei sich.
Die Pest reiste als pelzige Fracht und war so alt wie die Sünde. Sie war schon früher in London gewesen - und ein Teil von ihr hatte es nie verlassen -, aber diesmal waren die Bedingungen für ihre Zwecke einmalig gut. Der Sommer 1664 war der heißeste seit Menschengedenken gewesen, und in die ohnehin übervölkerte Stadt strömten tagtäglich Arbeiter, die den Luxus der verschwenderischen Monarchie von Charles II. aufrechterhielten - allein die Zahl der Bandweber ging in die Tausende. In den Vierteln der Armen waren die Menschen so eng zusammengepfercht, daß sie nur Luft einatmeten, die andere eben ausgeatmet hatten.
Die Männer vom Zoll machten Master Endicott, Captain der "Deliverance", ganz nervös. "Pen, du wartest bis ich dich zum Pfarrer bringen kann."
Penitence hatte nicht die Absicht zu warten, besonders nicht auf einen Priester. Ihre Erfahrung mit Reverend Block drüben in Massachusetts hatte sie das Fürchten gelehrt, und seither hatte sie vor allen Geistlichen Angst. Sie blieb stehen, bis Master Endicott die Männer vom Zoll in den Laderaum geführt hatte, dann huschte sie die Gangway hinunter. Von einem anderen Schiff wurde die Pest mit einer Trosse auf den Quai geschleppt. Eine Ratte trippelte vor Penitence über den Weg, doch sie bemerkte das Tier kaum. Ratten war sie schon früher begegnet, London war neu für sie. Hier am Flußufer roch es nach Hafen und Land; der Geruch nach Fisch, Teer und schmutzigem Wasser wurde fast überlagert von dem hohen Haufen faulenden Unrats, der in den Straßen angesammelt worden war und in die Gärten von Whitehall verschifft werden sollte.
Aber am schlimmsten war der Lärm ... dl>
Diana Norman - Das Geheimnis der Maske
1997,Frankfurt, Krüger Verlag, 763 S.
1999, Frankfurt, Fischer, 763 S., 9.95 EUR (Taschenbuch)