Menschen,
die ihr Gesicht verloren

Jonathan Cole - Über das Gesicht

"Geschlecht, Alter, Stimmung, Charakter, Gesundheit, Müdigkeit, Attraktivität - ein einziger Blick auf ein Gesicht verrät uns so viel über einen anderen Menschen."

Doch was passiert, wenn dieser schnelle Blick in ein Gesicht keinen Aufschluß über die Person dahinter gibt, weil die Mimik durch eine Krankheit gestört ist?

Dieser Frage geht der NEurophysilologe Jonathan Cole nach und er ist sehr überrascht, dass für dieses medizinische Problem keiner seiner Kollegen verantwortlich zeichnet, weder die plastischen Chirurgen, noch die Neurologen erklären sich für zuständig.

Gleich seinem Vorbild Oliver Sacks sammelt Cole eine Reihe interessanter Fallgeschichten, um sein Problem von möglichst vielen Seiten zu beleuchten.

Ganz am Anfang trifft er Mary, die von ihren behandelnden Ärzten als schwachsinnig eingestuft wurde, nur weil sie zu den Menschen ohne Minenspiel gehörte und damit ihre Antworten auf gestellte Fragen nicht einfach in ihrem Gesicht ablesbar waren. "Ihre Krankheit hatte eine Naht zwischen Gesicht und Selbst aufgetrennt, deren Existenz ich nicht geahnt hatte."

Cole spricht mit Blinden, die je nach der Dauer ihrer Erkrankung eine andere Wahrnehmung ihrer selbst und ihrer Umgebung haben. Sehr eindringlich hat dies der ebenfalls von Cole besuchte und erblindete Professor John Hull in seinem Buch "Im Dunkeln sehen" beschrieben.

Eindrücklich belegt Cole, wie wichtig das Gesicht und sein Ausdruck sind, denn sie machen uns in unserer Einzigartigkeit und Individualität aus. Selbst Säuglinge nehmen einen Großteil ihrer Umwelt durch die Mimik der Mutter auf. Der Verlust der mimischen Reaktionsfähigkeit beschädigt den betroffenen Menschen im Kern.



Jonathan Cole - Über das Gesicht
Übersetzt von: Ulrich Blumenbach
Originaltitel: © 1998, "About Face"
1999, München, Kunstmann Verlag, 293 S.




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© by Manuela Haselberger
rezensiert am 1999-11-03

Quelle: http://www.bookinist.de
layout © Thomas Haselberger