Großes Unglück liegt immer
zwischen zwei Scheiben Glück Irene Dische - Zwischen zwei Scheiben Glück
(bei Ihrem Buchhändler ab 4.8.97)
Nach dem Bilderbuch "Esterhazy" hat Irene Dische nun ihr zweites Buch für junge Leser veröffentlicht. "Zwischen zwei Scheiben Glück" spielt in den dreißiger und vierziger Jahren in der ungarischen Provinz und in Berlin. Laszlo, der Sohn des Kleinstadtarztes Dr. Nagel, ist so ganz anders als sein Vater, der sehr viel Wert auf Disziplin und Ordnung legt. Nach dem Tod seiner Frau tritt Laszlo, der Jude, eine Stelle im diplomatischen Dienst in Berlin an und nimmt seinen kleinen Sohn Peter kurzerhand mit. Für Peter ist Berlin ein einziges Fest. Wer träumt nicht von einem Vater der davon überzeugt ist "starke Männer brauchen jede Woche wenigstens einen Abend im Kino und jeden Monat einen Nachmittag im Zirkus." Herrlich sind auch Straßenbahnfahrten, bei denen die Länge der Bratwurst, das Ende der Fahrt bestimmt. Sobald der letzte Bissen vertilgt ist, wird an der nächsten Haltestelle ausgestiegen. "Die Wurst bestimmt unsere Route, sagte Laszlo, der nie ohne Stadtplan, Taschenmesser, Flaschenöffner und ein paar Stücke Lakritze aus dem Haus ging." Doch die politische Situation in Berlin spitzt sich zu. Peter ahnt nicht, daß er und sein Vater Juden sind, und so hält er die Kristallnacht für eine riesige Geburtstagsparty zu Ehren ihrer Haushälterin Thea. Laszlo, der sich als absoluten Glückspilz betrachtet, kommt nicht umhin, seinen Sohn wieder zurück nach Ungarn zu seinem Vater zu bringen. Peter wartet dort Woche für Woche auf die versprochenen, in der krakeligen Handschrift seines Vaters, verfaßten Briefe aus Berlin, die ihm der Großvater vorliest. Bis zu dem Tag, als die heißersehnte Post plötzlich mit der Schreibmaschine getippt ist....

Irene Dische schildert die Zeit des Nationalsozialismus mit dem naiven Blick eines sechsjährigen Buben, der eine wunderbare Kindheit mit einem sehr unkonventionellen Vater erlebt. Ein wenig erinnert ihr Buch an Jurek Beckers "Jakob der Lügner". Auch bei Irene Dische wird aus der Not heraus eine Utopie entworfen, die die Grausamkeit der Realität abmildern soll - zumindest für die Zeit der Kindheit eines kleinen Jungen, der unbeschwert groß werden soll.

Peter erfährt von seiner klugen Großtante, daß "großes Unglück immer zwischen zwei Scheiben Glück liegt. Nur wie dick die verschiedenen Scheiben sind, sagte sie nicht."

Irene Dische - Zwischen zwei Scheiben Glück
Deutsch von Reinhard Kaiser
1997, München, Hanser Verlag, 83 S.,

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© by Manuela Haselberger
rezensiert am 6.7.1997