Nach dem Bilderbuch "Esterhazy"
hat Irene Dische nun ihr zweites Buch für junge Leser veröffentlicht.
"Zwischen zwei Scheiben Glück" spielt in den dreißiger
und vierziger Jahren in der ungarischen Provinz und in Berlin.
Laszlo, der Sohn des Kleinstadtarztes Dr. Nagel, ist so ganz anders
als sein Vater, der sehr viel Wert auf Disziplin und Ordnung legt.
Nach dem Tod seiner Frau tritt Laszlo, der Jude, eine Stelle im
diplomatischen Dienst in Berlin an und nimmt seinen kleinen Sohn
Peter kurzerhand mit. Für Peter ist Berlin ein einziges Fest.
Wer träumt nicht von einem Vater der davon überzeugt
ist "starke Männer brauchen jede Woche wenigstens einen
Abend im Kino und jeden Monat einen Nachmittag im Zirkus."
Herrlich sind auch Straßenbahnfahrten, bei denen die Länge
der Bratwurst, das Ende der Fahrt bestimmt. Sobald der letzte
Bissen vertilgt ist, wird an der nächsten Haltestelle ausgestiegen.
"Die Wurst bestimmt unsere Route, sagte Laszlo, der nie ohne
Stadtplan, Taschenmesser, Flaschenöffner und ein paar Stücke
Lakritze aus dem Haus ging." Doch die politische Situation
in Berlin spitzt sich zu. Peter ahnt nicht, daß er und sein
Vater Juden sind, und so hält er die Kristallnacht für
eine riesige Geburtstagsparty zu Ehren ihrer Haushälterin
Thea. Laszlo, der sich als absoluten Glückspilz betrachtet,
kommt nicht umhin, seinen Sohn wieder zurück nach Ungarn
zu seinem Vater zu bringen. Peter wartet dort Woche für Woche
auf die versprochenen, in der krakeligen Handschrift seines Vaters,
verfaßten Briefe aus Berlin, die ihm der Großvater
vorliest. Bis zu dem Tag, als die heißersehnte Post plötzlich
mit der Schreibmaschine getippt ist....
Irene Dische schildert die Zeit des Nationalsozialismus mit dem
naiven Blick eines sechsjährigen Buben, der eine wunderbare
Kindheit mit einem sehr unkonventionellen Vater erlebt. Ein wenig
erinnert ihr Buch an Jurek Beckers "Jakob der Lügner".
Auch bei Irene Dische wird aus der Not heraus eine Utopie entworfen,
die die Grausamkeit der Realität abmildern soll - zumindest
für die Zeit der Kindheit eines kleinen Jungen, der unbeschwert
groß werden soll.
Peter erfährt von seiner klugen Großtante, daß
"großes Unglück immer zwischen zwei Scheiben Glück
liegt. Nur wie dick die verschiedenen Scheiben sind, sagte sie
nicht."
Irene Dische - Zwischen zwei Scheiben Glück
Deutsch von Reinhard Kaiser
1997, München, Hanser Verlag, 83 S.,