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Ein Apostel packt aus
Christopher Moore - Die Bibel nach Biff

n der Bibel ist wenig über die Jugendjahre von Jesus zu lesen. Wie war er als Kind? Und was hat ihn in der Pubertät bewegt? Hatte er eine Freundin? Fragen über Fragen, denen Christopher Moore in seinem Buch mit dem schlichten Titel "Die Bibel nach Biff" endlich nachgeht.

Und Biff hat wirklich einiges zu erzählen, schließlich war er der beste Freund von Jesus, den er kurz Josh nennt. Erst heute, nach zweitausend Jahren, bekommt er den Auftrag von höchster Stelle, seine Erlebnisse niederzuschreiben. So sitzt er mit dem Engel Raziel, der ihn bewacht und permanent Soaps im Fernsehen anschaut sowie hemmungslos Pizza in sich hineinschaufelt, in einem Hotel in St. Louis und schwelgt in Erinnerungen.

Kennen gelernt hat er ihn damals, als Jesus gerade mit seinen Geschwistern im Sand spielte und dabei war, einer toten Eidechse wieder Leben einzuhauchen. Keine schlechte Leistung für einen Jungen mit gerade sechs Jahren, auch wenn er der Messias ist.

Doch gerade in dieser Sache ist Jesus gar nicht sicher. Ist er wirklich auserwählt? Wenn ja, wie sieht es dann mit Frauen aus, denn Maria Magdalena, die gemeinsame Freundin von Biff und Josh ist überaus anziehend.

Um die Frage der Identität einigermaßen schlüssig klären zu können, machen sich die beiden Freunde auf, Balthasar, einen der drei Könige zu suchen, der bei der Geburt von Jesus dabei war. Vielleicht weiß er mehr und kann ihnen in dieser wichtigen Frage weiter helfen, ob es tatsächlich so ist, dass sich Jesus einer Frau nicht nähern darf. Ein Junge mit siebzehn? Ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen.

So beginnt eine weite Reise und Jesus hätte es eigentlich wissen müssen, denn die Myrrhe, die ihm Balthasar damals schenkte, war die billigste Gabe und schon nach einer Woche verdorben. Von einem solchen Mann sind keine schlüssigen Antworten zu erwarten.

Es ist ein Feuerwerk an witzigen Einfällen, Slapstick-Einlagen und lustigen Lausbuben-Geschichten, die Christopher Moore in seinem respektlosen Buch über Jesus und seine Zeit abfeuert. Allein wenn Biff seine Klagelieder anstimmt, denkt man sofort, dass er ein sehr guter Kumpel von Michael Mittermaier sein müsste. Auf jeden Fall sollte er ihn unbedingt kennen lernen.

Wer Spaß daran hat, einmal die biblische Geschichte ganz anders zu lesen, einfach locker und flapsig erzählt, mit einem Zwinkern in den Augen, der sollte sich mit der neuen, schrägen Apostelgeschichte nach Biff amüsieren. Und wenn die Stimmung unterm Weihnachtsbaum ins Rührselige kippt, keine Sorge, Biff sorgt für Abwechslung.
manuela haselberger



Chris Moore´sHomepage

Christopher Moore - Die Bibel nach Biff
Originaltitel: »Lamb:
The Gospel According to Biff,
Christ's Childhood Pal«, © 2002
Übersetzt von Jörn Ingwersen

© 2002, München, Goldmann Verlag, 574 S., 10.90 € (HC)




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Ihr glaubt, ihr wisst, wie die Geschichte endet, aber das stimmt nicht. Vertraut mir, ich war dabei. Ich weiß Bescheid.

Als ich dem Mann, der die Welt retten würde, zum ersten Mal begegnete, saß er am großen Brunnen in Nazareth, und eine Eidechse hing aus seinem Mund. Nur Schwanz und Hinterbeine waren noch zu sehen, Kopf und Vorderbeine steckten halb in seinem Rachen. Er war sechs, wie ich, und sein Bart noch nicht ganz ausgebildet, so dass er den Bildern, die ihr von ihm kennt, nicht eben ähnlich sah. Seine Augen waren wie dunkler Honig, und sie lächelten unter einer Mähne blauschwarzer Locken hervor, von denen sein Gesicht umrahmt war. Ein Licht - älter als Moses - sprach aus diesen Augen.
»Unrein! Unrein!«, rief ich und deutete auf den Jungen, damit meine Mutter wusste, dass ich das Gesetz kannte, doch weder sie noch die anderen Mütter, die ihre Krüge am Brunnen füllten, beachteten mich.
Der Junge nahm das Tier aus dem Mund und gab es seinem jüngeren Bruder, der neben ihm im Sand saß. Der Kleine spielte eine Weile mit der Echse, ärgerte sie, bis sie ihren kleinen Kopf reckte, als wollte sie beißen, dann hob er einen Stein auf und schlug dem Tier den Schädel ein. Ungläubig stieß er das tote Ding im Sand herum, und als er sicher war, dass es sich nicht mehr vom Fleck rühren würde, hob er es auf und gab es seinem älteren Bruder zurück.

Ab in den Mund mit der Echse, und bevor ich ihn noch verpetzen konnte, war sie schon wieder draußen, lebhaft zappelnd und bereit, erneut zu beißen. Wieder reichte er sie seinem kleinen Bruder, der das Tier mit dem Stein zermalmte und damit die Prozedur erneut begann oder beendete.
Dreimal noch sah ich, wie die Echse starb, dann sagte ich: »Das will ich auch können.«
Der Erlöser nahm die Echse aus dem Mund und sagte: »Was davon?«

Übrigens hieß er Josua. Jesus ist die griechische Übersetzung des hebräischen Jeschua, gleichbedeutend mit Josua. Christus ist kein Nachname. Es ist das griechische Wort für Messias, ein hebräisches Wort, das »gesalbt« bedeutet. Ich habe keine Ahnung, wofür das »H« in Jesus H. Christus steht. Auch danach hätte ich ihn damals fragen sollen.
Ich? Ich bin Levi, den man Biff nennt. Ohne zweiten Vornamen.
Josua war mein bester Freund.

Der Engel sagt, ich soll mich einfach nur hinsetzen, meine Geschichte aufschreiben und alles vergessen, was ich in dieser Welt gesehen habe, aber wie soll das gehen? In den vergangenen drei Tagen habe ich mehr Leute, mehr Bilder, mehr Wunder als in meinen ganzen dreiunddreißig Lebensjahren gesehen, und der Engel meint, ich soll das alles ignorieren. Ja, man hat mir die Gabe der Zungen gewährt, und deshalb sehe ich nichts, ohne auch das Wort dafür zu kennen, aber was nützt es mir? Hat es mir in Jerusalem geholfen zu wissen, dass es ein Mercedes war, der mir einen solchen Schrecken eingejagt hat, dass ich in einen Mullcontainer springen musste? Oder nachdem mich Raziel rausgeholt und mir die Fingernägel umgebogen hatte, weil ich unentdeckt bleiben wollte, hat es mir da genützt, dass es eine Boeing 747 war, die mich am Boden kauern ließ, als ich versuchte, meiner Tränen Herr zu werden und Lärm und Flammen zu entkommen? Bin ich ein kleines Kind, das sich vor seinem eigenen Schatten fürchtet, oder habe ich siebenundzwanzig Jahre Seite an Seite mit Gottes Sohn verbracht?

Auf dem Hügel, als er mich aus dem Staub zog, sagte der Engel: »Du wirst viele sonderbare Dinge sehen. Fürchte dich nicht. Du bist auf heiliger Mission, und ich werde dich beschützen.«
Selbstgefälliger Sack. Hätte ich gewusst, was er mir antun würde, hätte ich gleich noch mal zugeschlagen. Jetzt liegt er da hinten auf dem Bett, sieht sich bewegte Bilder auf einem Schirm an, isst etwas Süßes namens Snickers, während ich meine Geschichte auf seidenweiches Papier kritzele, das mit Hyatt Regency, St. Louis überschrieben ist. Worte, Worte, Worte, eine Million Worte kreisen wie Falken in meinem Kopf und warten darauf, sich auf die Seite zu stürzen und die einzigen beiden Worte in Stücke zu reißen, die ich wirklich schreiben möchte.

Wieso ich?

Wir waren insgesamt fünfzehn - na ja, vierzehn, nachdem ich Judas aufgeknüpft hatte - wieso also ich? Josua hat immer gesagt, ich solle mich nicht fürchten, denn er würde immer bei mir sein. Wo bist du, mein Freund? Weshalb hast du mich verlassen? Du würdest dich hier nicht fürchten. Weder die Türme und Maschinen noch der Glanz und der Gestank in dieser Welt würden dich verzagen lassen. Komm zu mir, ich lasse uns vom Zimmerservice eine Pizza bringen. Du würdest Pizza mögen. Der Diener, der sie bringt, heißt Jesus. Und er ist nicht mal Jude. Du hattest immer Sinn für Ironie. Komm, Josua, der Engel sagt, du weilst noch unter uns, du kannst ihn halten, während ich ihn windelweich prügle, dann laben wir uns an der Pizza.

Raziel hat sich angesehen, was ich geschrieben habe, und ermahnt mich, das Gejammer zu lassen und mit der Geschichte fortzufahren. Er hat leicht reden. Er hat die letzten zweitausend Jahre nicht unter der Erde zugebracht. Jedenfalls lässt er mich erst Pizza bestellen, wenn ich einen Abschnitt beendet habe, nun denn ...

Ich bin geboren in Galiläa, in der Stadt Nazareth, zur Zeit Herodes' des Großen. Mein Vater, Alphäus, war Steinmetz, und Naomi, meine Mutter, war von Dämonen geplagt. Das zumindest habe ich überall erzählt. Josua meinte nur, sie sei wohl etwas schwierig. Mein richtiger Name, Levi, stammt von Moses' Bruder, dem Ahnherrn des Priesterstammes. Mein Spitzname Biff kommt von unserem Slangwort für einen Klaps an den Hinterkopf, den meine Mutter bei mir von Geburt an für täglich geboten hielt.

Ich wuchs unter römischer Herrschaft auf, obwohl ich bis zu meinem zehnten Lebensjahr - nicht viele Römer zu Gesicht bekam. Die Römer blieben meist in der Festungsstadt Sephoris, eine Stunde Fußweg nördlich von Nazareth. Dort haben Josua und ich gesehen, wie ein römischer Soldat ermordet wurde Aber ich greife den Ereignissen vor. Geht erst mal davon aus, dass der Soldat noch in Sicherheit ist und begeistert seine Bürste auf dem Kopf trägt.

Die meisten Leute in Nazareth waren Bauern, die an den felsigen Hängen vor der Stadt Wein und Oliven und unten in den Tälern Gerste und Weizen anbauten. Darüber hinaus gab es Hirten mit Ziegen und Schafen, deren Familien im Ort lebten, während die Männer und die älteren Söhne die Herden im Hochland versorgten. Unsere Häuser waren ganz aus Stein, und viele hatten Böden aus festgetretener Erde, unseres aber hatte einen Steinfußboden.

Ich war der älteste von drei Brüdern, so dass man mich schon im Alter von sechs Jahren darauf vorbereitete, den Beruf meines Vaters zu erlernen. Meine Mutter gab mir Unterricht, lehrte mich das Gesetz und die Geschichten aus der Thora auf Hebräisch, und mein Vater nahm mich mit in die Synagoge, damit ich hörte, wie die Alten in der Bibel lasen. Aramäisch war meine Muttersprache, doch als ich zehn war, konnte ich Hebräisch ebenso gut sprechen und lesen wie die meisten der Männer. Meine Fortschritte im Hebräischen und dem Studium der Thora fanden durch meine Freundschaft zu Josua einen steten Ansporn, denn während die anderen Jungen eine Runde »Straf das Schaf« oder »Kanaaniten-Kicken« spielten, übten Josua und ich uns als Rabbiner, und er bestand darauf, dass wir uns bei den Zeremonien an das authentische Hebräisch hielten. Es war lustiger als es klingt, zumindest, bis meine Mutter uns dabei erwischte, wie wir versuchten, meinen kleinen Bruder Schem mit einem scharfen Stein zu beschneiden. Was hat sie sich aufgeregt! Und mein Argument, Schem müsse seinen Bund mit dem Herrn erneuern, schien sie nicht zu überzeugen. Mit einem Olivenzweig hat sie mich windelweich geprügelt und mir einen Monat lang verboten, mit Josua zu spielen. Hatte ich schon erwähnt, dass sie von Dämonen besessen war?

Alles in allem glaube ich, dass es für den kleinen Schem von Vorteil war. Ich kenne sonst keinen einzigen Jungen, der um die Ecke pinkeln konnte. Mit so einem Talent kann man sich als Bettler einen ganz ordentlichen Lebensunterhalt verdienen. Gedankt hat er mir dafür nie.

Brüder.

Kinder sehen Magisches, weil sie danach suchen.
Als ich Josua zum ersten Mal begegnete, wusste ich nicht, dass er der Heiland war; er aber auch nicht. Ich wusste nur, dass er keine Angst hatte. Inmitten eines Geschlechts besiegtet Krieger, eines Volkes, das versuchte, seinen Stolz zu wahren, während es vor Gott und Rom kuschte, leuchtete er wie eine Blume in der Wüste. Vielleicht sah ich allein es, weil ich danach suchte. Allen anderen schien er ein Kind unter vielen zu sein: dieselben Nöte und dieselbe Aussicht auf einen frühen Tod, bevor er ausgewachsen war.

Als ich meiner Mutter von Josuas Trick mit der Eidechse erzählte, fühlte sie, ob ich fieberte, gab mir eine Schale Brühe zum Abendbrot und schickte mich auf meine Schlafmatte.

»Ich habe Geschichten über die Mutter dieses Jungen gehört«, sagte sie zu meinem Vater. »Sie behauptet, sie hätte mit einem Engel des Herrn gesprochen. Esther hat sie erzählt, sie habe den Sohn Gottes geboren. «
»Und was hast du zu Esther gesagt?«
»Sie soll aufpassen, dass die Pharisäer nichts von ihrem wirren Gerede hören, weil wir sonst schon mal Steine für ihre Hinrichtung sammeln können. «
»Dann solltest du nicht wieder davon sprechen. Ich kenne ihren Mann. Er ist rechtschaffen. «
»Mit einem geisteskranken Mädchen zur Frau.«
»Das arme Ding«, sagte mein Vater und brach ein Stück Brot vom Laib. Seine Pranken waren hart wie Horn, rechteckig wie Hämmer und grau wie die Hände eines Aussätzigen, vom Kalkstein, mit dem er arbeitete. Wenn er mich umarmte, bekam ich Kratzer am Rücken, die manchmal bluteten, und doch rang ich jeden Abend, wenn er von der Arbeit kam, mit meinen Brüdern darum, wen er als Ersten in die Arme schloss. Wären uns dieselben Wunden im Zorn beigefügt worden, hätten wir weinend am Rock der Mutter gehangen. Jeden Abend, wenn ich einschlief, spürte ich seine Hand wie einen Schild an meinem Rücken.
Väter.

»Willst du ein paar Echsen mantschen?«, fragte ich Josua, als ich ihn wiedersah. Er zeichnete mit einem Stock im Staub und beachtete mich nicht. Ich setzte einen Fuß auf seine Zeichnung. »Wusstest du, dass deine Mutter irre ist?«
»Das liegt an meinem Vater«, sagte er traurig, ohne aufzusehen. Ich setzte mich neben ihn. »Manchmal jault meine Mutter nachts wie ein wilder Hund.«
»Ist sie verrückt?«, fragte Josua.
»Morgens scheint es ihr dann gut zu gehen. Sie singt, wenn sie Frühstück macht. «
Josua nickte, war wohl zufrieden, dass Wahnsinn auch vergehen konnte. »Früher haben wir in Ägypten gewohnt«, sagte er.
»Nein, habt ihr nicht, das ist zu weit. Sogar noch weiter als der Tempel.« Weiter als beim Tempel von Jerusalem war ich als Kind noch nicht gewesen. In jedem Frühling machte sich meine Familie auf den fünftägigen Marsch zum Passahfest nach Jerusalem. Er schien mir ewig zu dauern.

»Wir haben hier gewohnt, dann waren wir in Ägypten, jetzt wohnen wir wieder hier«, sagte Josua. »Es war ein weiter Weg. «
»Du lügst, es dauert vierzig Jahre, bis man in Ägypten ist.«
http://images-eu.amazon.com/images/P/3442449863.03.THUMBZZZ.jpg»Nicht mehr. Jetzt ist es näher.«
»Steht in der Thora. Mein Abba hat es mir vorgelesen. "Vierzig Jahre wanderten die Israeliten durch die Wüste."«
»Die Israeliten hatten sich verirrt.« S. 13-19


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Christopher
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by Manuela Haselberger

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