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Lotte Kühn:


Das Lehrerhasser-Buch
Eine Mutter rechnet ab

© 2006

Jeder kennt sie: die Lehrerin, die sich in alles einmischt, kontrolliert und beobachtet. Ihre Kollegin, die zehn Wochen lang krank feiert, weil sie sich bei der Gartenarbeit überanstrengt hat. Den Lehrer, der so freundlich tut, aber keine Sekunde zögern wird, einen vor der ganzen Klasse vorzuführen. Und alle haben sie immer Recht, hören nicht zu und sitzen im Zweifelsfall sowieso am längeren Hebel. Lotte Kühn zeigt unsere Lehrer, wie sie wirklich sind: unprofessionell, faul, ohne jede Ahnung von Kindern, hilflos, überfordert und total gestresst.

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Marga Bayerwaltes
Große Pause
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Eine Lehrerin zieht Bilanz
Marga Bayerwaltes - Große Pause!

arga Bayerwaltes ist Lehrerin an einem Gymnasium und leistet sich den Luxus eines Sabbatjahres. Nein, verfallen Sie jetzt bitte nicht in das übliche Fahrwasser: Ach Gott, natürlich, wieder eine gestresste Beamtin, die sich über ihren unerträglich harten Job beklagt, dabei kann sie sich vor Ferien nicht retten und bekommt dazu mit ihrem Anspruch auf Pension genug Geld für ihren Job. Und sogar noch ein ganzes Jahr frei. Die Fortschreibung dieser Vorurteile bringt uns keinen Schritt weiter.

Im Gegenteil: Marga Bayerwaltes nutzt diese Zeit als Gelegenheit zu einer persönlichen Rückschau und kritischen Bestandsaufnahme. Die Erkenntnisse ihrer Überlegungen sind nun in ihrem Buch "Große Pause" nachzulesen.

Es ist schon erschreckend, wenn sie einen normalen Schultag aus ihrer Sicht beschreibt. Kaum ein Erwachsener wäre erpicht darauf, sich ständig und vor allem liebevoll mit diesen "unerzogenen, frechen, egozentrischen, verhaltensgestörten Monstern (Klasse 5 und 6), die uns auf den Fluren in ihrem wilden Aktionismus oft genug wie ferngesteuerte gefährliche Roboter" begegnen, jeden Tag aufs Neue auseinander zu setzen. Doch genau darum handelt es sich beim Lehrerberuf heute. Ehrlich, keine leichte Aufgabe. Wen wundert, dass "viele Lehrer den Kontakt mit ihren Schülern (Feindberührung) auf das absolute Minimum beschränken?

Wer bereit dazu ist, sich einmal unvoreingenommen den Problemen an unseren Schulen zu widmen, schließlich geht es nicht zuletzt um unsere Kinder, der wird Marga Bayerwaltes Ausführungen sehr interessiert lesen. Denn sie bewältigt das Kunststück, einerseits ein fundiertes Sachbuch zu verfassen, das sich mit dem Problemfeld Schule in seiner vielfältigen Ausprägung beschäftigt, andererseits spart sie nicht an persönlichen Ausführungen. Sie selbst ist Mutter einer zehnjährigen Tochter und auf der Suche nach einem neuen Impuls in ihrem Leben. So erhält ihr Buch auch einen privaten Tagebuch-Charakter.

Wohlfeile Patentrezepte, wie sie nach den katastrophalen Ergebnissen der PISA-Studie nun im Schnellgang überall gesucht werden, nach denen wird man in diesem Buch vergeblich Ausschau halten. Die gibt es schlicht auch nicht. Allerdings bietet Marga Bayerwaltes eine Fülle von Denkanstössen, wie das Leben von Lehrern und Schülern in Zukunft etwas erträglicher gestaltet werden könnte. Der heute verfolgte Plan, das Wissen der Schüler an ökonomischen Forderungen großer Industriebetriebe auszurichten, wird sich als Irrweg erweisen, wenn nicht dafür gesorgt ist, dass die Schüler in ihrem späteren Berufsleben auf eine vielseitige Bildungsreserve zurückgreifen können; damit sind vor allem musische und künstlerische Inhalte gemeint. Fachwissen wird sich jeder in großem Umfang lebenslang auch ohne Lehrer selbst aneignen müssen

"Mit der Vorbereitung der Kinder auf das Leben sollten wir es in Zukunft so halten, als stünde eine große Hungersnot bevor: Wir werden sie nicht mehr hungern lassen, damit sie sich frühzeitig an den Hunger gewöhnen, sondern wir werden sie mit allem war wir haben, so gut füttern, dass sie rund und gesund, groß und stark werden und noch lange von ihren Reserven zehren können." Fernsehgeräte, Computer oder Internet werden diese Pflicht nicht übernehmen können.

Alles in allem richtet sich "Große Pause" nicht nur an die Berufsgruppe der Lehrer, sie werden sich verstanden, aber auch motiviert fühlen, sondern selbstverständlich auch an Eltern, die sich mit dem Ort, an dem sich ihre Kinder so viele Stunden aufhalten, beschäftigen möchten. 

Geschrieben ist das Buch so, wie wir alle uns eine gelungene Unterrichtsstunde vorstellen: Gut verständlich, mit persönlichen Anmerkungen und Erfahrungen angereichert, die uns ermutigen, Erziehung nicht als lästige Pflicht zu begreifen. © manuela haselberger
 
 

Marga Bayerwaltes - Große Pause!
© 2002, München, Kunstmann Verlag, 319 S., 21.90 € (HC)
copy 2004, Piper, 318 S., 9.90 € (TB)

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Leseprobe

Dienstagmorgen, 9.35 Uhr. Erste Große Pause. Dauer:zehn Minuten. 
Ich komme aus der 10 b. Leider ist da heute schon wieder alles schief gelaufen. Ich habe mich trotz aller guten Vorsätze Joch wieder von den Rüpeln in der letzten Reihe provozieren lassen. Sie machten sich einen Spaß daraus, am laufenden Band laut zu rülpsen. So lange, bis ich dann wie immer angefangen habe herumzukreischen. Mist. Die Woche hat kaum angefangen, und schon flattern die Nerven. Wieso musste es denn wieder so weit kommen? Wo genau fing die Sache an zu entgleisen, an welcher Stelle habe ich etwas falsch gemacht? 

Ich bin auf dem Weg in die Bibliothek. Möchte dort ein paar Minuten allein sein und zur Ruhe kommen, denn in der nächsten Stunde muss ich unbedingt in guter Verfassung sein. Ich hin schon fast an der Tür, da sagt plötzlich jemand hinter mir: - Marga? Wo willst du denn noch hin? Du hast Aufsicht! 

Oh nein, das darf nicht wahr sein! Das hab ich vollkommen vergessen! Schnell bedanke ich mich beim Theo für den Hinweis, drehe um und renne die 500 Meter bis zum Altbau, Flur AI, Unterstufentrakt. Die schwere Büchertasche habe ich zu allem Überfluss auch noch dabei. 

Auf A1 hat sich der Inhalt der vier Fünferklassen schon auf den Flur ergossen. Ein unüberschaubares Gedränge, Gerenne, Geschubse und Geschrei. Der Flur liegt fast völlig im Dunkeln. Wir sind eine umweltbewusste Schule, und manche Kollegen machen überall, wo sie hinkommen, erst mal das Licht aus. Ich gehöre zu denen, die das Licht überall wieder anmachen. Einer unserer zahllosen stillen Kämpfe. 

Sofort sehe ich die Katastrophe. Ein Schüler liegt verletzt am Boden. Windet sich vor Schmerz. Ein anderer kniet vor ihm. Oder auf ihm. Ein kleiner Halbkreis hat sich um die beiden gebildet. Ich lasse meine Tasche fallen, stürze hin, schiebe die Herumstehenden beiseite. Was ist passiert? Er antwortet nicht. Das Gesicht schmerzverzerrt. Bist du verletzt? 
Keine Antwort. Ich knie mich auf den Boden und versuche ihn vorsichtig ein wenig auf die Seite zu rollen, da springt er mit einem lauten Kampfschrei hoch und verschwindet in der Menge. Die Umstehenden grinsen und drehen ab. 

Ich selbst komme nur langsam wieder auf die Beine. Mein linkes Knie tut seit heute Morgen wieder sehr weh. 

Ganz hinten, am Ende des Flurs, jetzt lautes Getöse. Ich Ich kämpfe mich durch. Drei, vier Schüler stemmen sich mit aller Kraft gegen die Klassentür und halten sie von außen zu. Von innen tritt ein Wahnsinniger mit voller Wucht dagegen. Gleich wird die Tür bersten oder aus den Angeln fliegen. 
Seit ihr bescheuert, schreie ich schon von weitem. Wie auf Kommando lassen die drei von außen die Türe los, der von drinnen fliegt im hohen Bogen in den Flur. Ich will ihn zur Rede stellen. Aber da sehe ich, dass im Klassenraum der tropfnasse Schwamm durch die Gegend fliegt, einige Schüler stehen mit ihren dreckigen Schuhen auf den Tischen. Ein einzelner Junge schlägt wie geistesgestört immer wieder das Klassenbuch hart auf eine Stuhlkante. Den schnappe ich mir jetzt aber! Ich packe ihn von hinten im Nacken. Vor Schreck lässt er das Klassenbuch fallen. 
- Lassen Sie mich los!, schreit er wütend. Ich lasse ihn los. 
- Wie heißt du?.frage ich. 
-Wieso?, fragt er. 
-Wieso? 
- Weil ich über dein Benehmen mit deiner Klassenlehrerin! Sprechen werde. 
- Wieso das denn?, fragt er und schaut mich vollkommen verständnislos an. Da klingelt es. Der Junge dreht sich auf dem Absatz um und hechtet aus dem Raum. Seinen Namen habe ich nicht erfahren. 

Ich gehe und suche auf dem Flur nach meiner Tasche. jemand hat ihr einen Tritt verpasst; sie liegt irgendwo in einer Ecke, ein Buch und ein paar lose Blätter sind herausgerutscht. .Rasch sammle ich alles vom Boden auf und stopfe es wieder hinein. Dann gehe ich in den Unterricht. Philosophie in der 12. Klasse. Kants Ethik. 

Auf meinem Weg durch die endlosen Flure denke ich voller Verzweiflung: Warum beschäftigt man für diese Überwachungsaufgaben keine externen Hilfskräfte; Es gibt genug Leute, die diesen (ob für ein paar Mark gut und gern erledigen würden. Irgendetwas zwischen arbeitslosem Sozialarbeiter mit pädagogisch wertvollen Pausenspieldeen und zur Bewährung entlassenem Profikiller. Alles wäre besser als Lehrer, die erschöpft aus dem Unterricht kommen und statt einer Tasse Kaffee einen Schmetterball aufs Ohr kriegen, um dann bis zum Anschlag geladen in die nächste Stunde zu gehen. 

Meine persönliche, wenig attraktive und keinesfalls zur Nachahmung empfohlene Selbsthelfer-Lösung sah am Ende so aus: Ich habe die Aufsichten nicht mehr gemacht. Ich konnte mir diesen zusätzlichen Ärger in der kurzen Pause zwischen anstrengenden Stunden einfach nicht mehr leisten. Im letzten Schuljahr habe ich alle Pausen, in denen ich Aufsicht gehabt hätte, still versteckt in einer Toilette verbracht. S. 19-21

Lesezitate nach Marga Bayerwaltes - Große Pause! 


 
 

©15.4.2002 by Manuela Haselberger
Quelle: http://www.bookinist.de