... reinlesen




... reinlesen

Das Ausmaß der Zerstörung war erschütternd. Caesar hatte zwar geäußert, daß der Krieg Schönheit besäße, doch wie ihr schien, konnte man das, ähnlich wie bei einem Feuer, nur aus der Ferne behaupten. Aus der Nähe betrachtet hatte der Krieg beileibe nichts Großartiges an sich.
Ihr wundervolles Alexandria lag in Trümmern. Die Fronten der großen Gebäude entlang der Kanopischen Straße waren heruntergerissen und hatten zum Barrikadenbau gedient. Der Pöbel hatte das Museion, ja selbst den Neptuntempe! verwüstet. Die hohen Säulengänge des Gymnasions mit den vergoldeten Deckengittern aus Zedernholz waren verschwunden, auch sie waren als Barrikaden benutzt worden.
Kleopatra spürte, wie ein Gefühl unendlicher Trauer sie erfaßte.
Diese Römer! Wo immer sie hingingen, ließen sie Ruinen zurück, so, als besäße die Welt einen unerschöpflichen Reichtum an Schönheit, den man nach Herzenslust plündern könnte. (S.109 )
» ........... weiter....


Lesezitat nach Colin Falconer - Die Königin vom Nil


Das Ende der Pharaonen
Colin Falconer - Die Königin vom Nil

Colin Falconer scheint wieder einen Bestseller zu landen: Mit seiner "Königin vom Nil" erzählt er die Lebensgeschichte von Kleopatra.

Bisher sah die Welt Kleopatra eher mit römischen Augen: Ein Weib, sündig wie der Teufel, Herrscherin über Ägypten, Isis, lebendige Göttin auf Erden, wunderschön und verführerisch, rätselhaft und unermesslich reich, männer- und mordlüstern.

Falconer dagegen berichtet über eine zarte, aber gefestigte Persönlichkeit, die den Willen zur Macht, zur Herrscherin verspürt und sich mit ihren Geschwistern um das Erbe des Vaters zu raufen hat. Das Schicksal will es so, dass sie sich dazu mit Caesar, dem großen römischen Feldherrn, verbünden muss.

Caesar, alles andere als ein Kostverächter, wenn es um die Reize einer Frau geht, nimmt sich der noch nicht 20-jährigen an und erliegt dem Zauber des Orients: Kleopatra wird sein Kätzchen, das er allerdings schwanger in Alexandria zurücklässt, als er mit seinen siegreichen Truppen wieder nach Rom zurückkehrt.

Doch Kleopatra ruht nicht eher, bis sie von Caesar nach Rom eingeladen wird - schließlich möchte sie ihrem Sohn einmal nicht nur das ägyptische, sondern auch das römische Weltreich sichern.

Offenbar sehen Cicero, Brutus und andere einflussreiche Römer das aber ähnlich - sie fürchten das Ende der Republik, wenn Caesar und Kleopatra ihre dynastischen Pläne verwirklichen sollten. Und so stirbt Caesar 44 v. Chr. durch Meuchelmord im Senat.

Octavian, später nennt er sich auch Augustus, tritt neben Marcus Antonius und einem weiteren Senator in einem Triumvirat die Nachfolge Caesars .

Falconer schildert Octavian eher als schwächlichen, schlaffen Charakter, der - mit etwas anders gearteten sexuellen Gelüsten - immer wieder kränkelnd alle Staatskrisen auszusitzen scheint, während sich Antonius als Caesars militärischen Nachfolger sieht und in der Erweiterung des Ostens des römischen Reiches seine Erfüllung sucht. Doch um Parthien zu erobern braucht er Geld und Truppen, und die hat Kleopatra, die zwischenzeitlich nach Ägypten zurückgekehrt ist.

Und wieder träumt Kleopatra von einem Weltreich und verbündet sich mit Marcus Antonius. Mit einiger Raffinesse beeindruckt sie diesen so, dass auch er, wie sein Ziehvater Caesar, eine fruchtbare Verbindung mit der ägyptischen Königin eingeht: Sogar Zwillinge schenkt sie ihm. Und trotzdem kehrt er nach Rom zurück, um dort Octavians Schwester zu heiraten.

Kleopatra wäre nicht Kleopatra, würde sie nicht einen weiteren Versuch unternehmen, den trunksüchtigen Antonius auf ihre Seite zu ziehen. Fast, scheint es, gelingt ihr ein militärischer Sieg gegen Octavian, der mit eher feigen Methoden seine Vorherrschaft in Rom als göttlicher Kaiser zu festigen sucht und nicht aufgibt, Kleopatra als verwerfliche Feindin des Reiches darzustellen.

Aber das Schicksal ist ihr nicht hold - wie wenn die Geschichte selbst Shakespeare eine Vorlage geben wollte - am Ende siegt Octavian.

Falconer schreibt sehr dialogreich, versteht es aber meisterhaft, die geschichtlichen Ereignisse so zu präsentieren, dass sich der Leser nach der Lektüre ein zutreffendes Bild von dieser Epoche machen kann. Auch sind seine technischen und alltagsbezogenen Beschreibungen sehr informativ und tragen zu einer runden Vorstellung der damaligen Welt und ihrer politischen Ränkespiele bei.

Ein Roman, der sicher den Geschmack vieler Liebhaber des historischen Romans treffen wird.



Colin Falconer - Die Königin vom Nil
2000, München, Heyne Verlag, 560 S.,

dieses Buch bestellen Email Lieferbedingungen


Fortsetzung des Lesezitats ...

"Ankere im Hafen", befahl Kleopatra dem Kapitän. "Wir gehen nicht an Land."
Als sie in die Flußmündung steuerten und sich dem Hafen näherten, wurden die schlichten Zypressenruder, die man während der Reise benutzt hatte, mit schwarzen Ebenholzrudern vertauscht, deren Blätter versilbert waren.
Auch wurden für die Ankunft spezielle Segel aufgezogen, die in der Farbe des königlichen Purpurs leuchteten. Sie waren mit Zedernöl parfümiert. Jeder Windstoß entfaltete ihren Duft und umgab das Schiff mit dem köstlichen Hauch ihrer Wälder. Die Matrosen, die die Segel befestigt hatten, ließen sich an den Masten zurück aufs Deck gleiten. An ihrer Stelle schlüpften junge Mädchen, die wie Meerjungfrauen gekleidet waren. Anschließend entzündete man die großen Rauchgefäße mit Weihrauch und Myrrhe. Kleopatra sah, wie die Menschen zum Ufer strömten. Sie vernahm das ehrfürchtige Raunen, das durch die Menge ging, und Rufe des Entzückens.
Trotz ihrer Verfassung brachte sie ein Lächeln zustande. Sie hatte genau die Wirkung erzielt, die sie beabsichtigt hatte. S.272

Anfang April verließ die Armee Antiochia und marschierte nach Armenien, eine riesige Schlangenlinie, die sich entlang der Flußwindungen bewegte. Zwei Stunden dauerte es, bis sie an einem vorbeigezogen war. Die Zelte lagen zusammengerollt auf den Rücken von Packeseln, Nahrung und Ausrüstung türmten sich hoch auf den Fuhrwerken. Der Rammbock mir dem mächtigen Eisenkopf belief sich auf achtzig Fuß. Er wurde von flachen Gelenkwagen gezogen, die ihn um die Wegbiegungen führen konnten. Es gab auch eine seltsame schwerfällige Kriegsmaschine auf Rädern, die aussah wie eine gewaltige Heu schrecke. Die Soldaten nannten sie "Wildesel", weil sie beim Feuern nach hinten ausschlug. Mit ihr konnte man Felsblöcke über eine Viertelmeile schleudern und die dicksten Stadtwälle in Trümmer verwandeln. Ihr folgten die kleineren Katapulte, die den Truppen im Kampf Deckung gaben. Da es in Parthien kaum Holz zu fällen gab, hatte man während des Winters Stämme zurechtgesägt, die den Lagern als Schutzwall dienen würden. Auch sie stapelten sich jetzt auf Wagen, die von kräftigen Ochsen gezogen wurden.
Hinter diesen Wagen marschierte die Infanterie. Aus der Ferne sah es aus wie eine Armee aus Käfern mit Brustharnischen aus Bronze, roten Mänteln und kräftigen, genagelten Schuhen. Jeder der Soldaten trug die Verpflegung für drei Tage in einem Bronzekasten bei sich, dazu einen Kessel, eine Handmühle, Werkzeug für den Schanzenbau in Form von Axt, Kette, Säge, Haken, Palisadenpfählen und einem Korb, um Erde fortzuschaffen; dazu noch die Waffen, Lanze, Schwert, Dolch, den Schild und schließlich den schweren Bronzehelm. Selbst mit dieser Ausrüstung schafften die Veteranen fünfzehn Meilen am Tag, auch zwanzig, wenn es sein mußte. S.38O

Der Julius schleppte sich fort, bis er vom römischen Monat Sextilis a gelöst wurde. Der Hundsstern erschien am Himmel, tänd und der Gestank, der aus den trockenen Sümpfen stieg, wurde schier unerträglich. Inzwischen waren nahezu alle phönizischen und ägyptischen Ruderer gestorben oder lagen, vom Fieber geschwächt, in ihren Zelten. Die Leichenwagen schafften täglich unzählige Opfer in die Gruben, die Schiffe rotteten weiter vor sich hin, und um ihre Rümpfe sammelte sich er Unrat, der aus dem Lager ins Meer gespült wurde. In den Takelagen nisteten Vögel, und auf den Wellen schwamm ein grüner Algenteppich. S.494

"Wie steht es mit der Flotte?" Kleopatra blickte Sosius an.
Er sollte die Antwort geben, damit sie die empfindlichen römischen Ohren nicht mit ihrer Frauenstimme schmerzte. "Der Flotte mangelt es an Männern", erwiderte er "Wir haben zehntausend Ruderer an die Seuche verloren, außerdem bedürfen die Schiffe dringend der Reparatur."
"Wieviele sind denn noch übrig?" fragte Antonius ungeduldig.
"Die Besatzung reicht für dreihundert Schiffe."       Dreihundert!
Im vergangenen Sommer hatten sie fünfhundert Kriegs- und dreihundert Versorgungsschiffe besessen, die sich zwischen Kerkyra und Merhone aufhielten.
S. 496

Lesezitat nach Colin Falconer - Die Königin vom Nil

weitere Bücher zum
Thema Alexandria
Gerald Messadié:


Alexandria







© by Manuela Haselberger
rezensiert am 25.01.2000

Quelle: http://www.bookinist.de
layout © Thomas Haselberger