Cornelia Lietz
10 schlimme Sünden der Architektur In Deutschland
Architektenträume sind in aller Welt zu finden: International beachtet werden zeitgenössische Bauten in Holland, Japan und Amerika. Nur die deutschen Architekten tun sich im internationalen Anschluss etwas schwer - weil ihre Ideen und Visionen schon in der Entwurfsphase von der deutschen Bauordnung, von Insidern immerhin als härteste der Welt bezeichnet, ausgebremst werden.
Bei Betrachtern setzt Architektur unterschiedliche Gefühle frei - je nachdem, ob sie als Planer, Erbauer oder Nutzer des Gebäudes urteilen. Und die Meinungen liegen weit auseinander:
Während der Normalbürger noch mit absoluter Unverständnis überlegt, was sich der Architekt dabei wohl gedacht haben mag, hat dieser schon längst seinen Namen in den Sockelputz gekratzt, Fototermine mit einer Fachzeitschrift über innovative Bautenplanung gemacht und seinen neuen Porsche von den 10% Honorar der Bausumme bestellt. Ein Bauherr wiederum ist - soweit es sich um den eines Einfamilienhauses, nicht einer Büroanlage handelt - hauptsächlich vom Wunsch getrieben, seine Elfplatzsitzlandschaft im Grundriss unterzubringen. Dafür ist er dann auch gerne bereit, etwas von der Verkehrsfläche abzuzwacken. Eine Treppe braucht nicht viel Platz. Die kann man bestimmt auch prima in gebeugter Haltung begehen. Wenn er ganz leise wäre, könnte er vielleicht noch das gequälte Aufjaulen des Architekten hören
Aber die schlimmsten architektonischen Reinfälle und Grausamkeiten entstehen in der Zusammenarbeit aller Beteiligten:
10. Badezimmer mit umlaufenden Fliesen in Pastell bis zum Rand der Decke
Ein Überbleibsel der 50er und 60er Jahre mit spontaner Assoziation einer Gerichtsmedizin und eventuell mit einer Erklärung für den zweifelnden Geisteszustand unserer Eltern. Die fingen nämlich an, in den 70ern kleine rote Seepferdchen und Sonnenblumen draufzukleben.
9. Sprossenfenster
Unheimlich beliebt bei Bauherren. Unheimlich verhasst bei Architekten. Besonders die Kunststofffenster-Variante mit den aufgeklebten Sprossen. Von den Tesa-Textilbandsprossen gar nicht zu reden. Aua!
8. PVC als Bodenbelag
Hübsch bunt. Hübsch billig. Hübsch brennbar mit Freisetzung tödlicher Gase. Kein Kommentar.
7. Wintergärten
Gibt es als praktischen Bausatz in Heimwerkermärkten:
weiße Kunststofffensterrahmen, eine serienmäßige Dach-schräge, auch für die beste Hausfrau nicht möglich zu putzen. Und nach der neuesten Wärmeschutzverordnung mit dem Raumklima eines Atombunkers nur von angepassten Zimmerpflanzen zu überleben.
6. Jägerzaun, Thuja-Hecke, Kiesweg, Geranien
Immer noch ein deutscher Traum. Nur komplett mit Bruno, dem Gartenzwerg mit Identitätskrise.
5. Ein Erker
Wie praktisch: Über dem Erker gibt es noch einen Minibalkon für die Essecke auf der auskragenden Decke. Immer wieder von Bauherren bestellt und von Einfach-Planung als fassadengestalterisches Element gerne genommen. Und nur als das, denn in den Erker passt kein Möbelstück. Und der Balkon liegt an der Straße, weil Küche und Essecke bei 80% dieser Planungen neben der Haustür liegen..
4. Fertighäuser
Besonders schön mit Fliesen in "Bleu", Sprossenfenstern,
PVC-Böden, Wintergarten, Thuja-Hecke und Erker/Balkon-Element. Irgendwelche Fragen?
3. Plattenbauten
Da haben die Planer dieser grauen Schachteln die Lehre des Bauhauses leider falsch verstanden. Macht aber nix - die da drin wohnen, kapieren sie in der Regel auch nicht.
2. Ein Wort wie ein Donnerhall: Innovativ!
Wenn die Redakteure einer Fachzeitschrift der Architektur mal nicht wissen, ob ein Gebäude als "genial" oder "der letzte Mist" bewertet werden soll: innovativ passt immer. Leider erscheint das kleine Wort immer häufiger ...
Man soll bekanntlich nicht der Vergangenheit nachhängen.
Aber bei der Liste der deutschen Architektursünden gebührt einer Unglaublichkeit der erste Platz, die beim Erscheinen dieses Buches hoffentlich schon (fast) vergessen ist!
1. Der deutsche Pavillon auf der EXPO 2000 in Hannover
Das Aushängeschild der Deutschen und ihrer Architektur.
Der planende Architekt wählte einen sich selbst tragenden Glasbau mit konkaven, durchsichtigen Wänden als Zeichen für Transparenz, Weltoffenheit und Toleranz. Dann wurde, komplett innenraumausfüllend, eine Blackbox hineingestellt. Ein herber Schlag für alle Architekten und Soziologen. Kommentar einer überregionalen Zeitung: "Innovativ!"
S. 145-148
Meike Winnemuth
Die deutsche Frau
"Oft sagen mir Freunde aus dem Ausland,
"Helmut, was habt ihr hier für tolle Frauen."
Wirklich - wenn ich mich in den Büros oder auf
der Straße umschaue, trotz aller Emanzipation
sind unsere Frauen wunderbar weiblich geblieben."
Helmut Kohl, 1982
Nennen wir sie Uschi. Uschi ist die deutsche Frau. Sie riecht nach Tosca, trinkt Faber-Sekt und hört Volksmusik, rasiert sich nicht die Achseln und kauft 4,5 Unterhosen pro Jahr. Im Schnitt. Ein Standardweib (90-60-90) war sie nie, schon Größe 40 ist in Deutschland 92-76-100, und Uschi trägt 44. Im Schnitt.
Tüchtig ist sie. Patent. Hat immer das Beste aus allem gemacht. Hat sich nach dem Krieg aus Zuckersäcken und Lazarettdecken Kleider genäht, aber immer mit Wespentaille. Hat sich mit Kohlestift eine Naht auf die Wade gezeichnet. Schick. Nicht chic. Eleganz hat sie sich erst beigebracht.
Den Zuckersäcken ist sie treu geblieben bis heute. Die deutsche Frau trägt keine Blümchenkleider und nichts zu Buntes, egal was Mode ist. Die Damenoberbekleidungsbranche spricht noch heute vom großen Neonfarben-Desaster der frühen Achtziger, als die Umsätze um 30 Prozent zurückgingen.
"Durch Kleidung aufzufallen muss ihr peinlich sein. Das überlässt sie den Dirnen, deren Geschäft es verlangt. Sie will nicht anlocken, auch auf die Gefahr hin, dass sie sitzen bleibt." Ach Verzeihung, das war ein Zitat von 1935. Aber Wolfgang Joop sagt dasselbe: "Wenn man deutsche Mode trägt, ist man sicher. Ich finde, das ist das Gegenteil von Mode."
Sicher sein, das ist wichtig für die deutsche Frau. Leichtsinn, das ist nicht ihre Sache. Sie überpflegt ihr Haar mit zu viel Kuren, sagen die Friseure und geben ihr noch eine Packung mit auf den Weg. Sie tanzt nicht, wie sie will, sondern geht in die Tanzschule, um Disco-Freestyle zu lernen. Sie denkt viel über sich nach. Sie betrachtet sich streng im Spiegel. Ist sie zu dick? Wird man sie noch respektieren, wenn sie einen Spitzen-BH trägt? Die deutsche Frau will immer alles richtig machen. Die Kochrezepte haben Nährwertangaben. Die Binden haben Flexiflügel. Die Milch heißt Trinkmilch. Sicherheitshalber.
Die deutsche Frau ist nicht schön, sondern pünktlich. Als die Welt noch von Claudia Schiffer schwärmte, war viel die Rede von ihrer Zuverlässigkeit, ihrer Professionalität, wenig von ihrer Ausstrahlung. Sauber, zuverlässig, effizient, die Claudia. Wie ein Audi. Die deutsche Frau ist nicht sexy, sondern macht Sex, tüchtig und tagesschaublond. In den Fünfzigern gab es kurz ein Fräuleinwunder, bis das Wort >Fräulein< abgeschafft wurde und das Wunder gleich mit.
Natürlich will die deutsche Frau begehrt werden. Im Zweifel möchte sie jedoch lieber ernst genommen werden.
Sie verbringt mehr Zeit bei der Hausarbeit als alle ihre europäischen Nachbarinnen, 35 Stunden pro Woche. Weitere 15 arbeitet sie für Geld. Nie hilft ihr Mann im Haushalt, sagt sie, dann nimmt sie ihm das Bügeleisen oder das Kind wieder aus der Hand, weil sie es nun mal besser kann, das mit dem Bügeln und das mit den Kindern sowieso. In der Werbepause drückt die patente Hausfrau ihrem bekloppten Mann das tiefenfettlösende Spülmittel in die Hand und stellt sich dann sprungbereit daneben, allzeit bereit, das Malheur wieder aufzuwischen.
So war sie immer, die deutsche Frau. Hat klaglos immer alles weggewischt: 1945 hat sie allein in Berlin fünf Millionen Tonnen Schutt beiseite geräumt, mit bloßen Händen. Dafür bekommt sie heute 35 Mark im Monat. Reinhauen kann sie, schuften wie keine Zweite. Verlangen tut sie dafür nichts. Aber
leidet still, dass sie nichts kriegt. Und wenn sie doch mal böse wird, dass sie nichts kriegt, nennt sie sich böses Mädchen. Das klingt dann gleich viel niedlicher.
Doch sie kann nichts kriegen, weil sie nichts will. Längst ist sie schlauer als jeder Mann, hat bessere Schulnoten, bessere Aussichten. Doch ihre Lieblingsberufe sind immer noch dieselben: 1. Arzthelferin. 2. Verkäuferin. 3. Friseuse. Und wenn sie mal - wie die berühmteste Uschi von allen - ihren Weg vom Schätzchen zur Bauunternehmerin macht, dann nicht freiwillig, sondern nur, weil der Ernährer frühzeitig seinen Dienst quittiert hat. Eine Frau braucht einen starken Mann an ihrer Seite, sagt die Hälfte der unter 20-Jährigen, und Karriere ist sowieso wichtiger für den Mann.
Der deutsche Mann sagt, seine Frau soll "ein guter Kumpel" sein (43 Prozent), wahlweise auch "eine Schmusekatze" (38 Prozent) oder "eine Normalverbraucherin" (35 Prozent). Eine Normalverbraucherin. Nur die deutsche Frau kann sich für so eine Rolle wirklich begeistern.
S. 187-189
Peter Praschl
13 Wörter
über die Ich nur schwer hinwegkam, obwohl ich mich immer bemüht habe, mich zu integrieren
" Words don´t come easy. "
FR David
1. Standort Deutschland
Fußgänger! Unterführung benützen!, stand auf dem Schild. In der Fußgängerunterführung war auf halbem Weg zwischen Ausgang und Ausgang in einem Fußgängerunterführungsplan mein STANDORT eingezeichnet. Nun musste ich mich nur noch entscheiden, ob ich weiter oder wieder zurück, nach links oder nach rechts gehen sollte. Mehr Wege gab es nicht. Auf welchem man auch ging, man kam in Deutschland wieder ans Tageslicht.
2. Generation
Ein Buch kündete mir, dass ich ein 78er sei, ein profilloser Angehöriger der GENERATION, die nach der Revolte kam. Das war zwar ein mieses Gefühl, aber wenigstens gehörte ich jetzt wo dazu.
Seitdem sind viele Generationen vorbeidefiliert, jüngere, wildere, kühnere.
Die 89er.
Die Generation X.
Die Generation @ (lies "ät").
Die Generation Golf.
S. 287
Lesezitate nach Susanne Frank & Timothy Sonderhüsken - Draußen nur Kännchen