Das große Umlegen
Dashiell Hammett - Werkausgabe

Der Krimiautor Dashiell Hammett hat den Mord aus Pastors Rosengarten herausgeholt und den Leuten zurückgegeben, die wirklich etwas davon verstehen, behauptet zurecht Hammetts ebenso erfolgreicher Schüler Raymond Chandler.

Im Diogenes Verlag erscheinen nun im Rahmen einer Gesamtausgabe Hammetts Werke in einer Taschenbuch - Neuauflage. Die ersten drei, der geplanten zehn Bände, liegen vor: "Das große Umlegen", "Das Haus in der Turk Street" und "Das Dingsbums Küken", mit jeweils drei Detektivstorys. Übersetzt wurden die Geschichten in der Mehrzahl von Wulf Teichmann, doch auch Hellmuth Karasek und der Autor Walter E. Richartz waren bei der Übertragung ins Deutsche mit dabei. Als Vorlage dienten die amerikanischen Titel "The Big Knockover" und "The Continental Op".

In allen Storys, die in den zwanziger Jahren spielen, ermittelt ein namenloser Detektiv, der die Dinge dem Leser aus seiner Sicht schildert - kurz, knapp und mit zynischem Witz. "Er glaubte mir nicht, er glaubte mir nie. Als man ihn hängte, hielt er mich noch immer für einen Lügner." Diese Figur des "tough guy", als deren Erfinder Hammett in die Krimigeschichte einging, jagt die Verbrecher in seinen späteren Romanen als Sam Spade. Auch Chandlers Marlowe wäre ohne seinen berühmten Vorgänger nicht denkbar.

In der Titelstory "Das große Umlegen" nimmt es der Ermittler, der für die Continental Detecive Agency arbeitet, deren Auftraggeber zumeist Versicherungsgesellschaften sind, gleich mit einer ganzen Meute an Gangstern auf. In San Francisco haben sich im Bankenviertel eine Armee von Killern versammelt, um die beiden größten Geldhäuser bis auf den letzten Cent auszuplündern. Dabei liefern sie sich eine spektakuläre Schlacht mit der Polizei. Jeder andere Autor bräuchte für einen solchen Plot mehrere hundert Seiten. Hammett nicht. Mit rasender Geschwindigkeit lässt er die Handlung abrollen, gespickt mit gepfefferten Dialogen, - genial.

"Ich habe eine Hornhaut über allem, was von meiner Seele noch übrig ist, aber dennoch zuckt mein Hirn zusammen." Diese Hornhaut kann der Detektiv gut gebrauchen, wenn er in "Das goldene Hufeisen" für eine reiche Engländerin ihren Ehemann, der sie ganz unerwartet verlassen hat, suchen soll. Bis in dunkle Spelunken im Grenzgebiet von Mexiko, führen ihn dabei seine Nachforschungen und die schmutzige Geschichte, die er aufdeckt, erschüttert selbst einen abgebrühten Kerl wie ihn.

Frauen spielen bei der Detektiv - Arbeit keine unerhebliche Rolle. Im "Maiden- Mord" hilft der absolut ehrliche Schnüffler, den keine Schöne der Welt korrumpieren kann, einer tatverdächtigen Ehefrau aus der Patsche. Doch nicht ohne vorher sicher geklärt zu haben, dass sie mit dem Tod des Angestellten ihres Mannes, nichts zu schaffen hatte, außer einem Liebesverhältnis.

Es lohnt, wieder einmal die Storys eines wirklichen Könners zur Hand zu nehmen, denn Hammett hat gegenüber all seinen schreibenden Kollegen den Vorteil, dass er der einzige Kriminalschriftsteller von Rang war, der wirklich wusste, wovon er schrieb. Er selbst arbeitete acht Jahre lang für die berühmte Pinkerton National Detective Agency, die mit dem Slogan "Wir schlafen nie" warb. Seine Tuberkuloseerkrankung, die er sich als Soldat im ersten Weltkrieg zuzog, zwang Hammett, den Job bei Pinkerton an den Nagel zu hängen, und seine Erfahrungen in Literatur umzusetzen. Zum Vorteil der Krimifans.

Dashiell Hammett: Das große Umlegen
Originaltitel: The Big Knockover, ©1966
Übersetzt von Hellmuth Karasek, Walter E. Richartz, Wulf Teichmann
2000, Zürich, Diogenes Verlag, 168 S., 7.90 €

Dashiell Hammett: Das Haus in der Turk Street
Originaltitel: The Continental Op, © 1974
Übersetzt von: Wulf Teichmann
2000, Zürich, Diogenes Verlag, 134 S.,

Dashiell Hammett: Das Dingsbums Küken
Originaltitel: The Continental Op, © 1974
Übersetzt von: Wulf Teichmann
2000, Zürich, Diogenes Verlag, 163 S.,

Turk Street bestellen Dingsbums bestellen Umlegen bestellen Email Lieferbedingungen

Lesezitat ... Das Dingsbums Küken Es fing an in Boston, damals 1917. Auf dem Gehsteig der Tremont Street vor dem HoreI Touraine, lief mir eines Nachmittags Lew Maher über den Weg, und wir blieben stehen, um einen kurzen Schwatz im Schnee zu halten. Ich erzähle ihm gerade irgend etwas, als er einwarf: "Gucken Sie sich mal unauffällig den Jungen an, der da die Straße hochkommt. Der mit der dunklen Mütze." Hinschauend erblickte ich einen langen, schlaksigen Burschen von achtzehn oder so; teigiges Pickelgesicht, mürrischer Mund, stumpfe braune Augen, dicke formlose Nase. Ohne den Spürhund der Stadt und mich zu beachten, ging er vorbei, und dabei fielen seine Ohren mir auf. Es waren nicht die Blumenkohlohren eines Boxers, auch waren sie nicht geradezu verformt, aber die Ein- und Ausbuchtungen der Muschel wirkten irgendwie verknittert. An der Ecke bog er in Richtung Washington Street in die Boylston Street ein und entschwand unseren Blicken. "Das is´n Bürschen, der sich noch´n Namen machen wird -falls er nicht zu früh geschnappt oder umgelegt wird", sagte Lew voraus. "Setzen Sie den ruhig schon mal auf Ihre Liste. Das Dingsbums Küken. Eines Tages werden Sie hinter ihm her sein." "Was ist seine Spezialität?" "Raubüberfall, Revolverheld. Er hat das Zeug dazu, mal ganz gut zu werden. Er kann schießen und ist eindeutig verrückt. Hemmungen kennt er nicht, weil er sich sowas wie Angst vor Folgen gar nicht vorstellen kann Das Haus in der Turk Street Man hatte mir gesagt, daß der Mann, hinter dem ich her war, in einem bestimmen Abschnitt der Turk Street wohne, die Hausnummer hatte mein Informant mir allerdings nicht angeben können. So kam es, daß ich an einem späten regnerischen Nachmiitag diesen bestimmten Abschnitt durchprüfte, indem ich auf jede Klingel drückte und meinen Vers aufsagte, der so ging: "Ich komme vom Anwaltsbüro Wellingron & Berkeley. Einer unserer Mandanten - eine ältere Dame - wurde vergangene Woche von der hinteren Plattform einer Straßenbahn gestoßen und schwer verletzt. Unter den Zeugen des Vorfalls war ein junger Mann, dessen Namen wir nicht kennen. Aber man hat uns gesagt, daß er in der Gegend hier wohnt." Dann beschrieb ich den von mir Gesuchten und kam zum Schluß: "Kennen Sie irgendwen, der so aussieht?" Überall auf der einen Seite des Blocks waren die Antworten: "Nein", "Nein", "Nein." Ich überquerte die Straße und begann mit der anderen Seite. Das erste Haus: ''Nein." Das zweite: "Nein." Das dritte. Das vierte. Das fünfte . . . Auf mein erstes Klingeln rührte sich nichts. Nach einer Weile klingelte ich noch einmal. Ich sagte mir gerade, daß wohl niemand zu Hause sei, als sich lamgsam der Türgriff dreht und eine kleine alte Frau mir aufmachte. Es war eine sehr zierliche kleine alte Frau mir einem Stück grauem Strickzeug in der Hand an mit schwachgewordenen Augen, die mich hinter einer Goldrandbrille freundlich anblinzelten. Über einem schwarzen Kleid trug sie eine bretthart gestärkte Schürze. S. 53 Lesezitate aus Dashiell Hammett - Werkausgabe