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Kurz vor Mittag am Mittwoch, dem 29. Juli 1981, wich die Nervosität, die Charles, dem Prinzen von Wales, bis dahin fast den ganzen ereignisreichen Morgen vom Gesicht abzulesen gewesen war, einem entrückten Lächeln.

Der künftige König von Großbritannien erlebte soeben die wohl feierlichsten Augenblicke seines 32jährigen Lebens. In der Uniform eines Commander of Her Majesty's Royal Navy stand er hinter einem großen Schreibtisch in der Dean's Aisle der Londoner St. Paul's Cathedral. Er hatte in Anwesenheit seiner Mutter, Königin Elisabeth 11., soeben die Heiratsurkunde unterzeichnet, in der die Versprechen schriftlich niedergelegt waren, die er kurz zuvor im mächtigen Kirchenraum von Sir Christopher Wrens ehrfurchtgebietender Kathedrale gegeben hatte. Neben ihm saß, eingehüllt in ein Meer aus elfenbeinfarbener Seide, seine soeben angetraute Frau die 20jährige Lady Diana Spencer, nunmehr Prinzessin von Wales.

Die Intimität dieses Augenblicks hatte sowohl Charles als auch Diana geholfen, die Anspannung der vorangegangenen Stunden abzulegen. In der Kapelle, wo ihnen ihre jeweiligen Familien Lind der Erzbischof von Canterbury Dr. Robert Runcie, der die Trauung vollzogen hatte, gratulierten, herrschte eine Atmosphäre entspannter Freude.

Doch für diese Freude und das spontane Lächeln von Charles war nicht nur seine strahlende Braut verantwortlich, sondern auch eine andere Frau, deren vertraute Stimme etwa 50 Meter entfernt im nördlichen Querschiff begonnen hatte, die ersten Töne einer seiner Lieblingsarien zu singen - "Let the Bright Seraphim" aus Händels Samson.


Lesezitat nach Garry Jenkins und Stephen dŽAntal - Kiri Te Kanawa


... eine Primadonna
Garry Jenkins und Stephen dŽAntal -
Kiri Te Kanawa

Die beiden Autoren Garry Jenkins, Journalist bei der "Daily Mail" und Verfasser mehrerer Biografien (Harrison Ford) und Stephen d' Antal, freier Journalist, repräsentieren mit ihren Wohnsitzen, Jenkins lebt in England und d'Antal mit seiner Familie in Auckland, Neuseeland, die beiden Seelen in Kiri Te Kanawas Brust.

Doch die beiden bringen nicht nur Licht in das Geheimnis der Herkunft der exotischen Sängerin, die als Säugling von ihrer Mutter zur Adoption frei gegeben wurde, sie recherchieren auch in einer unglaublichen Kleinarbeit das Leben der Primadonna, mit Interviews einer Unzahl von Künstlern und Weggefährten.

Kiri kam als uneheliches Kind eines Maori Mannes zur die Welt und sie hat den Start ihrer Karriere ihrer sehr ehrgeizigen Adoptivmutter zu verdanken, die der fundierten Gesangsausbildung alles opferte. Kein Umzug ist zu beschwerlich, wenn Kiri dafür den besten Gesangunterricht bei den Nonnen im Kloster erhält. Mit zwanzig Jahren ist Kiri, die hervorragend mit dem Publikum umgehen kann, in ihrer Heimat Neuseeland ein Star.

Als sie 1966 nach England kommt, dauert es nicht lange bis sie auch hier den Durchbruch am Covent Garden schafft mit der Rolle als Gräfin Almaviva im Figaro.

Einer der Höhepunkte ihrer Laufbahn ist ihr ausdrücklich von Prinz Charles gewünschter Auftritt bei seiner Hochzeit mit Diana. Hören möchte er von seiner Lieblingssopranistin Händels "Let the Bright Seraphim".

Doch der Erfolg fällt Kiri nicht zu. Diszipliniertes Arbeiten ist ihr zu Beginn der Karriere weitgehend fremd, Pünktlichkeit war nie ihre Stärke und es kann schon geschehen, dass sie ganze Passagen auf "chinesisch" singt, ein Tipp von Solti übrigens, um zu überspielen, dass sie ihren Text vergessen hat.

Den Preis, den der Erfolg in ihrem Privatleben fordert ist hoch. Für ihre beiden Adoptivkinder hat sie wenig Zeit. Ihre langjährige Ehe mit Des, der zugleich ihr Manager ist, geht in die Brüche, zu einem Zeitpunkt, an dem sie den Zenit ihrer Laufbahn überschritten hat.

Es ist keine autorisierte Biografie, die die beiden Autoren von der Opernsängerin vorlegen und teilweise sind die unzähligen Statements der Bekannten und Freunden etwas mühsam zu lesen. Leider hat sich auch ihr Ex-Mann nicht zu Fragen geäußert. Seine Meinung hätte sicher einen weiteren interessanten Teil ihrer Persönlichkeit beleuchtet, denn kaum einer kennt sie wie er. Die Biografie von Kiri Te Kanawa vermittelt ein sehr realistisches Bild einer erfolgreichen Künstlerin, die viel mehr enthält, als das Bild, das sie gerne von sich präsentiert: "Es ist einmalig, Maori Vorfahren zu haben, Opernsängerin zu sein und obendrein noch einen fantastischen Namen zu haben; das ist alles ziemlich exotisch und interessant."



Garry Jenkins und Stephen dŽAntal - Kiri Te Kanawa
Die wahre Geschichte einer Primadonna, mit 30 Abbildungen
Übersetzt von Sonja Hauser, Harald Stadler
Originaltitel: © 1998, "Kiri - Her Unsung Story"
2000, München, Piper Verlag, 400 S.

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© by Manuela Haselberger
rezensiert am 28.2.2000

Quelle: http://www.bookinist.de
layout © Thomas Haselberger