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Lawanda: Ich will aufs College gehen. Das hat zwar zwar noch keiner aus meiner Familie gemacht und wir haben auch bestimmt nicht genug Geld dafür, aber ich will es trotzdem. Letzten Sommer versuchte ich einen Job zu finden, um schon mal Geld anzusparen. Aber ich merkte bald, dass die Arbeit in Cardin nicht mal für die Erwachsenen reicht, geschweige denn für die Jugendlichen. Zum Autofahren war ich zu jung, also kam auch keines der Fast-Food-Restaurants in Frage. Die liegen alle auf der anderen Seite der Umgehungsstraße. Als dann im September diese Karte in der Post war, auf der etwas von Zeitschriftenverkaufen stand, wurde ich ganz aufqeregt. Einmal hatten wir Schokoriegel an den Haustüren verkaufen müssen, für eine neue Tuba in der Band, und das hatte ich ziemlich gut gemacht. Natürlich hatte mir auch was daran gelegen. Ich war es, die die Tuba spielen wollte. S. 11

"Das ist mein Lesebus", teilte mir Mr. Garland mit. "Und mein Gesellschaftsbus. Setz dich hierher."

Er wies auf den Platz schräg neben dem Fahrersitz. Ich setzte mich, und er setzte sich hinter das Steuer. Mein Blick blieb unwillkürlich daran hängen, wie das Lenkrad direkt unter den Brustwarzen tief in seinen Bauch einschnitt. "Du sitzt auf Curtis Ballards Platz", teiIte er mir mit - Mr. Ballard ist der Boss meines Vaters -, "du kannst dich also ganz wie zu Hause fühlen. Pater Connor sitzt lieber hier."

Alle anderen Sitzplätze waren mit Büchern voll gestapelt. Reihen von Büchern wie in einer Bibliothek, wie die Furchen in seinem Gemüsebeet. Und die Wand, von den Fenstern hoch bis über die Decke, war überall mit Landkarten tapeziert.

Lesezitat nach George Ella Lyon - Lawandas Leben


Brandstiftung
George Ella Lyon - Lawandas Leben

An dem Tag, als Lawanda beschließt den Hügel hinaufzugehen und den alten Garland, der da oben allein in seinen beiden Bussen haust, zu fragen, ob er ihr ein Zeitungsabo abkaufen möchte, verändert sich ihr Leben für immer.

Ihr Vater hat sie immer vor Garland gewarnt, er verbot ihr sogar strikt jeden Kontakt mit diesem seltsamen Kauz. Garland trinkt zu viel, hört Musik nicht in Zimmerlautstärke und seine Frau hat ihn mit den Kindern vor langer Zeit schon verlassen.

Doch gerade dieses nicht Alltägliche, Skurrile fasziniert Lawanda an ihm. Immer häufiger besucht sie ihren neuen Freund. Sie reden stundenlang miteinander. Garland, der früher Lehrer war, erzählt vom Krieg, den er bis heute nicht verarbeitet hat. Er liest Lawanda aus seinen unzähligen Büchern vor; immerhin hat er einen ganzen Bus davon.

Niemals hat sie damit gerechnet, dass die Gerüchteküche in der Kleinstadt wegen ihrer Besuche bei Garland zu brodeln beginnt und schon bald werden gegen Garland massive Vorwürfe erhoben. Die Fantasie der Bevölkerung ist geweckt und kennt keine Grenzen. Als das Tagebuch Garlands entdeckt wird, beginnt eine wilde Hetzjagd, an der sich zu Lawandas Schrecken auch ihr Vater beteiligt.

Die amerikanische Schriftstellerin George Ella Lyon, die heute in Kentucky lebt, entwickelt "Lawandas Leben", sehr geschickt, indem sie die handelnden Personen jeweils ihre Sicht der Dinge schildern lässt. So können Beweggründe für den Leser leicht nachvollzogen werden, ohne dass sie lange erklärt werden müssen.

Am Ende brennen zwei Busse lichterloh und es gibt schwere Brandverletzungen. Doch das sind nur Äußerlichkeiten. Die inneren Verletzungen wiegen schwerer. Für Lawanda steht jedenfalls fest, dass das Leben viel leichter war, "als ich noch dachte, dass es für alles nur eine Lösung gibt."
Lesealter ab 14 Jahren



George Ella Lyon - Lawandas Leben
Originaltitel: With a Hammer for my Heart, ©1997
Übersetzt von: Monika Osberghaus
2000, Weinheim, Beltz und Gelberg Verlag, 275 S.,

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Fortsetzung des Lesezitats ...

"Woher bekommen Sie die Bücher?" , fragte ich.

"Ach, manche Leute vermachen sie der Kirche, oder Curtis Ballard bringt sie mir vorbei, oder ich kriege welche von der Bibliothek." S. 18

Die Krankenschwester behandelte mich wie eine Patientin oder wie eine Frau in Mommys Alter. Sie stützte mich am Ellbogen, sprach mit beruhigendem Ton. Sie wusste nicht, dass ich nicht umkippe. Sie führte mich zurück durch die blaue Tür und bereitete mich schonend auf die Apparate und Schläuche vor. Sie wusste nicht, dass ich schon bei meinem Mädchen gewesen war, bevor sie mit all dem angefangen hatten. S. 248

Wir durften nicht bei Lawanda bleiben. Man müsse erst abwarten, wie kritisch ihre Lage sei, sagten sie, sie müsse sich erst stabilisieren. Sie rollten sie in ein Krankenzimmer und schickten mich raus. Ich bebte am ganzen Körper.
Lesezitate nach George Ella Lyon - Lawandas Leben


© by Manuela Haselberger
rezensiert am 14.7.2000

Quelle: http://www.bookinist.de
layout © Thomas Haselberger