"Wir zogen in die Viktoriastraße - ausgerechnet in Nr. 23. Nr. 24 hätte es auch getan, aber nein, es musste Nr. 23 sein, direkt neben Nr. 22, und das war ein Spukhaus."
Dies ist der erste Satz aus Michael Morpurgos Kinderroman "Die schwarze Hexe" und wenn ein Buch so beginnt, dann weiß man, der Autor hat seine Angel ausgelegt und seine Leser geködert und er wird sie freiwillig nicht mehr aus seinen Fängen lassen, bis sie mit roten Ohren und einem zufriedenen Lächeln das Buch ausgelesen haben.
Denn was Billy erlebt, als er für seine Schwester Rula ihr Kaninchen Muckel sucht, das ist noch nicht da gewesen. Natürlich läuft der blöde Hase in den Garten des Spukhauses, das kann man sich denken. Doch als sich die Tür öffnet und eine ganz in schwarz gekleidete alte Dame vor Billy steht, rutscht ihm das Herz in die Hose. Das wäre jedem so gegangen, ehrlich.
Ganz so unheimlich ist die neue Nachbarin dann aber nicht, wie sich bei näherer Bekanntschaft herausstellt. Nur als sie Billy darum bittet, ihre ständig sehr unfreundlich fauchende Katze zu füttern, während sie verreist, darüber ist Billy nicht sehr erfreut. Und verkleiden soll er sich dazu auch noch, weil das Katzenvieh sonst gar nichts frisst. Na gut, Billy ist mutig und verhungern lassen kann er den Kater schließlich nicht.
Es ist eine sehr geheimnisvolle Geschichte, die Michael Morpurgo in einem lockeren Ton seinen kleinen Lesern erzählt. Ja, eigentlich ist es schon ein richtiger Krimi, denn erst auf den allerletzten Seiten wird das Geheimnis der Dame in schwarz enthüllt und natürlich kommt Billy ihr mit seinem Spürsinn auf die Schliche. Seine Eltern haben wieder einmal von nichts `ne Ahnung.
Ein sehr schön von Tony Ross illustrierter Kinderroman, der so spannend und im Tonfall der Kinder geschrieben ist, dass er auch eingeschworene Lesemuffel überzeugt.
© manuela haselberger