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Tyrkir schloss die Augen. Flüchtig dachte er an seine Vorfahren im fernen Deutschland. Selbst wenn ich eure Namen wüsste, mich würdet ihr nicht erhören, nie würdet ihr euch zu mir, einem Sklaven, setzen. "Heute gesellt sich Thorvald in euren Kreis. Er war aufrecht und stolz wie ihr." Erik berichtete von den Heerfahrten und Kämpfen des Vaters, auch wie er sich später den großen Hof in Norwegen gebaut hatte und Bauer und Kaufmann wurde. '"Er war beliebt und geachtet auf jedem Handelsplatz . . ."

Tyrkir fühlte einen Stich, er hörte nicht mehr auf die Rede. Seine Gedanken kehrten nach Haithabu am Ufer der Schlei zurück. Dorthin, zur großen Handelsniederlassung, hatten die Wikinger ihn und die Mutter nach dem Überfall auf ihr Dorf tief unten am Rhein ver- schleppt.

Damals hieß ich noch Thomas, überlegte er, und war gerade fünf Winter alt. Und die Mutter ? Er erinnerte sich nicht an ihr Alter, wusste nur, wie schön und klug sie war. Und ihren Geruch, wenn er sich an sie schmiegte, ihn würde er nie vergessen. (S. 13)

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Lesezitate nach Tilman Röhrig - Erik der Rote


Ein unruhiger Wikinger
Tilman Röhrig - Erik der Rote

Selbst seiner Frau Thjodhild fällt es schwer, das Wesen ihres Mannes Erik, einem typischen Wikinger mit rotem Haarschopf und rötlichem Bart zu beschreiben. "Da ist zunächst sein Stolz, der hat ihn schon beinah das Leben gekostet. Fleiß und Ausdauer. ... Dazu kommt seine Kraft. Auch als Kämpfer kenne ich keinen besseren. Und er ist liebevoll zu mir. Und er weiß einen Hof zu führen. Natürlich hat er einen Wikingerschädel, der mich oft rasend macht, dass ich an seinem Verstand zweifle, aber dann benimmt er sich wieder wie Junge, dem ich gern verzeihe." Dazu kommt seine rastlose Suche, nach einem Platz für sich und seine Familie, an dem sie glücklich sein können.

Die unbeherrschte Art Eriks, hat ihn beim monatlichen Spruch des Things schon zweimal in Schwierigkeiten gebracht. Beide Schuldsprüche verbannten ihn für Jahre und immer wieder hat er sich mit seinem Schiff aufgemacht, neues Land zu suchen. Er reist zusammen mit seiner Familie nach Grönland und gründet dort die erste Siedlung. Seine Unruhe hat er auch an den ältesten Sohn Leif vererbt. Leif bringt Jahre später von seiner Schiffsreise nach Norwegen, den ersten christlichen Priester nach Grönland. Erik, der eingeschworene Wikinger, der fest an die nordischen Götter glaubt, ist entsetzt. Kann er sich dem neuen Glauben erfolgreich widersetzen?

Tilman Röhrig, der die Geschichte Eriks farbenprächig erzählt und mit dem Leser zusammen tief in die nordische Sagen- und Götterwelt eintaucht, das alltägliche Leben der Wikinger überaus plastisch schildert, ist als Jugendbuchautor längst kein Unbekannter mehr. Die "Buxtehuder Bulle" erhielt er für "Thoms Bericht", der Deutsche Jugendliteraturpreis wurde ihm für "In dreihundert Jahren vielleicht" verliehen und für seinen Stauferroman "Wie ein Lamm unter Löwen" wurde er mit dem Großen Rheinischen Kulturpreis ausgezeichnet.

Ganz sicher wird auch "Erik der Rote" eine Menge Freunde unter den jungen Lesern finden.

Lesealter ab 12 Jahren







Tilman Röhrig - Erik der Rote
1999, Hamburg,C. Dressler Verlag, 428 S.,

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Fortsetzung des Lesezitats ...

DER SPRUCH DES THINGS

Wenige Schritte unterhalb des Gipfels platzte der Schultersack auf und der Glücksstein rollte den Berg hinunter. Tyrkir hetzte ihm nach, warf sich über ihn, doch er entglitt seinen Händen, rollte weiter, wieder gelang es, ihn einzuholen, doch das Glück riss seine Finger blutig, rollte schneller . . . nicht aufgeben . . . über einen Felsbrocken sprang Tyrkir hinter ihm her, schmerzhaft schlug er auf, mit zerschundenen Gliedern rutschte er bäuchlings weiter, die Kleidung zerfetzte, sein Leib scheuerte auf . . . nicht verlieren . . . da, dicht vor seinen Augen tauchte der Glücksstein weg . . . kein Halten mehr . . . schon war auch Tyrkir über die Steilwand hinaus und stürzte; Möwen kreisten, kreischten; tief unten sah er das dunkle Wasser spritzen, als sein Stein aufschlug. (S. 192)

Der Oberste Richter blickte nacheinander die Parteien an, dann wandte er sich an die Versammlung. '"Zwar sind die Morde im Habichtstal gesühnt, doch die neuen Totschläge haben den Ruf des heute Verurteilten weiter verdorben. Das Faulige muss herausgeschnitten werden, sonst vergiftet es das ganze Fleisch. Zum Schutz unserer Gemeinschaft und zum Trost des Vaters, der seine Söhne verlor, soll Erik der Rote auf drei Jahre recht- und ehrlos sein. Er kann außer Landes gehen oder muss hier auf Island wie ein Tier mit den Tieren in der Einöde leben. In drei Tagen, von dieser Stunde an gezählt, darf jedermann ihn verfolgen und ohne Strafe erschlagen. Wer ihn jedoch beherbergt, wer ihn nährt oder kleidet, den trifft selbst die Härte des Gesetzes. Nach Abbüßen der Strafe soll Erik Thorvaldsson wieder gereinigt sein und darf als ehrenwerter freier Mann in unsere Gemeinschaft zurückkehren."

Der Oberste Richter wandte sich an den Roten. "Willst du dich dem Spruch fügen?" Wie ein Baum, erfasst von einer Sturmböe, bog sich der Riese jäh zurück. Mit der Armbeuge schützte er seine Augen. Die Zuschauer hielten den Atem an. Jeder Verurteilte musste der Strafe zustimmen und sie selbst vollziehen, denn mit Ausnahme des Klägers gab es niemanden, der auf die Einhaltung achtete. So lautete das Gesetz. Fügte sich der Verurteilte nicht, so konnte seine Tat als unsühnbar erklärt werden und dann wurde ihm gleich hier auf dem Opferstein das Rückgrat gebrochen, wie den Unwürdigen, die Frauen und Mädchen vergewaltigt oder wehrlose Krüppel erschlagen hatten.

''Ich wiederhole meine Frage!" Der Ton des Obersten Richters nahm an Härte zu. "Fügst du dich dem Spruch?" Erik !ieß den Arm sinken. Sein Gesicht war tränennass, doch Feuer loderte in den gelbbraunen Augen. "Weil ich es muss, will ich, Erik Thorvaldsson, mich dem Urteil des Thinggerichtes beugen. Für drei Jahre werde ich meine Rache in mir begraben. Doch vergessen . . . " Über die Schulter blickte er hinauf zum Gesetzesfelsen, mehr für sich selbst ergänzte er: "Das Unrecht ist mir, nicht meinem Gegner geschehen."

Ehe der Weise darauf eingehen konnte, Flüsterte Thorbjörn hastig: ''Still ! Der Spruch gilt. Sag kein Wort mehr, ehe wir nicht den heiligen Platz verlassen haben!"

Zustimmend nickte der Oberste Richter und ahndete die letzte Bemerkung des Verurteilten nicht. "Damit ist diese Sache abgeschlossen !", rief er den freien Männern zu. ''Wir haben längst nicht alles rniteinander besprochen. Vorher aber esst euch satt, doch trinkt nicht zu viel!" (S. 21O )

Ein leichter Ost blies vom Gletscher herunter in den Fjord. Das Segel musste eingeholt werden, die Knechte schoben die langen Ruderblätter urch die Pforten in der Wandung und ließen im Gleichschlag den Knorr über das Wasser gleiten. Immer wieder aufs Neue standen Leute am Ufer, winkten und kaum hörten sie vom entrdeckten Land, jubelten sie Leif zu. Eine halbe Fahrtstunde vor der Heimatbucht ankerte der Falke unterhalb des Nachbarhofes. Stolz begrüßte Ingolf Arnesson seinen Ältesten und Mutter Solveig weinte. Er reichte dem Schiffsführer und dem Lotsen beide Hände, ein langer, fester Druck. '"Einen Jungen gab ich euch mit und ihr bringt mir einen Mann zurück." - ''Und dazu einen reichen Mann", strahlte Leif. "Ein Drittel unserer Ladung gehört ihm." Geschickt verband er die Großzügigkeit mir der Bitte, dem Gesandten und seiner Schar für eine Weile Kost und Unterkunft zu gewähren.

"Sie sind mir willkommen." Eine steile Falte wuchs auf der Stirn des Nachbarn. "Auch ich halte es für angebracht, wenn du zunächst ohne Gäste nach Hause zurückkehrst." (S.4O6 )


Lesezitat nach Tilman Röhrig - Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück


© by Manuela Haselberger
rezensiert am 12.1.2000

Quelle: http://www.bookinist.de
layout © Thomas Haselberger