Leser-Reaktion

Hallo, guten Tag!
Wien, 21. Juli 1999

Ich bin eine "waschechte" Wienerin (41) und lese gerade "Hitlers Wien". Es ist unglaublich interessant, vor allem, weil man sich in die Zeit der Jahrhundertwende versetzen kann und gleichzeitig sehr sehr viel über jenen Mann erfahren kann, der unser Jahrhundert veränderte. Ich empfehle es sehr unserer Jugend - man kann wirklich viel daraus lernen und für's Leben mitnehmen. Übrigens, ich habe die Ausbildung zum Fremdenführer in Wien und begebe mich gern mit Euch auf die " Spuren des Wien aus der Jahrhundertwende", die man noch gut nachvollziehen kann ..... !!! Wer hat noch dieses Buch gelesen? Ich würde mich sehr freuen, eine andere Meinung darüber zu lesen.

Liebe Grüße aus Wien,
Romana Obermayer


amazon.de Buchtipp zu

Brigitte Hamann

Winifred Wagner oder Hitlers Bayreuth

© 2002



Hitlers Wien - Lehrjahre eines Diktators
Brigitte Hamann - Hitlers Wien

Vor manchen Büchern schreckt man zunächst zurück, weil sie so umfangreich sind, und schiebt das Lesen vor sich her. Über 600 Seiten stark ist Brigitte Hamanns exzellente Biografie über die Lebensorte des jungen Adolf Hitler. Unglaublich schnell und gespannt taucht man in das Linz vor gut 100 Jahren ein und lebt in einer Welt wie sie in einer derart präzisen, lebendigen Darstellung der Erinnerung längst entrissen sein müsste. Doch Brigitte Hamann hat neue Maßstäbe für die Verfasser historischer Biografien gesetzt: Mit einer bewundernswerten Akribie scheint sie alle nur greifbaren Dokumente über das Linz und ganz besonders das Wien vom Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts aufgearbeitet zu haben und damit gelingt ihr eine packende Sozialgeschichte der Heimatorte von Adolf Hitler zu erzählen. Manchmal hat man den Eindruck, sie hätte Tür an Tür mit ihm gelebt, allerdings ohne ihn persönlich zu kennen und so sich das Augenmaß behalten, Hitler aus der erforderlichen Distanz betrachten zu können.

Sie leuchtet die verwandtschaftlichen Hintergründe Hitlers aus, wobei ihr besonderes Augenmerk der Beziehung zu seiner Mutter gilt. Mit Faksimiles von Schriftproben, Bildern von den Eltern, Hitlers Jugendfreunden, Lehrern und Karikaturen zeichnet das Buch ein plastisches Bild von Hitlers Lehrjahren. Deutlich verspürt man den Einfluss der Umwelt, wenn man an der Seite Adolf Hitlers lebt, wie Theater- und Opernvorstellungen, die er besucht hat, Reden die er gehört hat, Zeitungsartikel, die er gelesen hat, mutmaßlich seine Gedanken beschäftigt haben und seine Weltanschauung geprägt haben. Vieles, was er hier (ungefiltert) aufgenommen hat, findet in seinen späteren Werken und Vorstellungen seinen Niederschlag.

Mit der Spürnase einer Detektivin hat sich B. Hammann an die Fersen eines Menschen geheftet, für dessen Prägung seiner Vorstellungswelt uns bisher nur Wagners Opernwelt als Erklärung diente.

Besonderes Augenmerk legte Brigitte Hamann auch darauf Wirklichkeit und Legende voneinander zu trennen. Unglaublich viele Histörchen umranken eine so monströse Figur der Weltgeschichte. Vieles wurde über Hitlers Jugend als Propaganda in den 30ern erdichtet und gänzlich schwierig war die Recherche wohl auch schon deswegen, weil Adolf Hitler selber aktiv den Versuch unternommen hat, die wahre Geschichte seiner Jugend zu tilgen - einzig sein Buch Mein Kampf sollte die ausschließliche Referenz über seine Kindheit bleiben.

Eigentlich unverständlich, warum es bis heute gedauert hat, dass die Geschichtsschreibung sich daran macht, die Jugend dieses Mannes und damit die Herkunft seiner Gedanken zu erforschen. Erfreulich, dass B. Hamann dies nun umso gründlicher getan hat - oft ertappt man sich beim Lesen bei dem Gedanken, ob es wohl einem Historiker in 100 Jahren auch gelänge, ein derart detailliertes Bild vom sozialen Umfeld eines Menschen zu entwerfen, so dass die einzelne Figur, die Bestandteil dieses Bildes sein würde, als völlig logische, konsequente und natürliche Erscheinung begriffen würde - wenige Rätsel und Mythen würden uns von so einem Menschen verschlossen bleiben, wenn dieser Biograf der Zukunft eine so aufwendige Recherche und Auswertung seines Materials betreiben würde.

Brigitte Hamann hat zweifelsohne einen Klassiker unter den Biografien geschrieben. Ein Werk, das für jeden Geschichtsinteressierten ein Muss im Bücherregal ist und dessen Verfallsdatum ganz sicher weit im nächsten Jahrhundert liegt.


Brigitte Hamann -
Hitlers Wien - Lehrjahre eines Diktators
incl. Bildmaterial

© 1996, München, Piper Verlag, 652 S., 29.90 EUR (HC)
© 1998, München, Piper Verlag, 652 S., 13.90 EUR (TB)
Dr. phil. Brigitte Hamann lebt in Wien als Historikerin und wird als eine der besten Kennerinnen Österreichs und Wiens im fin de siecle genannt. Bisher erschienen: Kronprinz Rudolf, Elisabeth - Kaiserin wider Willen, Bertha von Suttner, Die Habsburger


          gebundenes Buch
          Taschenbuch - broschiert


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© by Manuela Haselberger
rezensiert am 1997-02-13

Quelle: http://www.bookinist.de
layout © Thomas Haselberger