Die Mühlenfibel
Eva Johne - Sebastian in der Mühle


Sebastian aus Dresden, der Held des Mühlenbuches von Eva Johne, freut sich schon riesig auf seine großen Sommerferien. Dann nämlich wird er seinen Onkel und die Tante besuchen, die in einer richtigen Wassermühle leben.

Sogleich, nachdem er in der Zschonener Mühle angekommen ist, wird er in den Trubel des Mühlenlebens hineingerissen. Eine Schulklasse aus einem anderen Bundesland besichtigt die Mühle und Sebastian übernimmt spontan den Part des Fremdenführers.

Sehr informativ stellt er die Funktionen der Mühle dar, erläutert andere Mühlentypen und tritt mit den Besuchern in einen regen Dialog, der sich auch nicht vor Erklärungen technischer Details im Plauderton drückt.


So beschäftigen sich die ersten 50 Seiten des Buches mit der Darstellung der historisch echten Mühle und der quicklebendige 12jährige Sebastian gewinnt im Handumdrehen die Sympathien seiner Leser.

Ob er nun auf den nächsten 100 Seiten, die übrigens immer reichhaltig mit Illustrationen von Jana Steinert bebildert sind, wirklich eine Zeitreise besteht oder ob er nur einen intensiven Traum nach seinem Sturz in die Höhlung eines abgestorbenen Weidenbaumes erlebt, bleibt der Phantasie des Lesers überlassen.


Jedenfalls versetzt es den jungen Helden mit einem Schlag um 400 Jahre in die Vergangenheit und das dämmert ihm so nach und nach, als er zur Mühle zurückmarschiert und auf die Familie des historisch verbrieften Müllers Gregor Götze trifft.

Zunächst glaubt er in eine Filmproduktion geraten zu sein, doch als er so langsam begreift, daß die Sprechweise der Menschen, ihre Kleidung, ihre Lebens- und Essensgewohnheiten authentisch sind, läßt er sich auf das große Abenteuer ein.

Er lebt, wohnt und arbeitet bei den Müllersleuten, spielt mit den gleichaltrigen Söhnen des Gregor Götze und verliebt sich in die Magd Anna.

Nach einer beschwerlichen Reise mit einem Karren in die Residenzstadt Dresden bestaunt er ein großes Festspektakel mit Turnierrittern und Musikanten anläßlich der Hochzeit des Kurfürstensohnes Christian I.

Dieses erzählende Sachbuch von Eva Johne leistet vieles gleichzeitig: Einerseits ist es eine außerordentlich gelungene Dokumentation heimatkundlicher Geschichte, die das lokale Wissen über die Zschonener Mühle bis hin zu den mittelalterlichen Dorfgeschichten wieder neu faßt, andererseits ein hervorragend konzipiertes Lehrbuch, das viel Wissenswertes über die Wasserkraft, über Mühlen und Mehl, Mühlsteine, Räderwerke sowie ober- und unterschlächtige Wasserräder, vermittelt.

Es richtet sich deswegen nicht nur an junge Leser, die in der Umgebung Dresdens leben, sondern ist prinzipiell an allen Schulen in Deutschlands Primar- oder Sekundarstufe einsetzbar: Es deckt den technologischen Aspekt der Wasserkraft ebenso umfassend ab, wie die Darstellung der Lebensweise unserer Vorfahren im Hochmittelalter und ist aufgrund seiner dialogreichen Abenteuergeschichte ein prächtig geeigneter Lesestoff für den Deutschunterricht ab Klasse 4 bis 6.

Das Buch zeichnet sich aus durch seine detailgetreue Recherche und bietet zur Planung von Klassenfahrten, neben beiliegenden Arbeitsblättern für den Unterricht,

einmal ein kleines Mühlenlexikon, aber vor allem ein gut dokumentiertes Verzeichnis von 40 weiteren Wassermühlen in allen Bundesländern. Jede Mühle wird halbseitig vorgestellt, es werden Adresse, Kontaktperson, Besichtigungstermine, Erreichbarkeit und sogar örtliche Übernachtungsmöglichkeiten mitgelistet.

Zuletzt dürfte selbst ein Schulleiter erfreut sein: Ein Klassensatz des Mühlenbuches würde seinen Etat maximal mit 24.80 DM pro Buch belasten und dafür bekommt er eine ganze Menge.


Eva Johne - Sebastian in der Mühle
illustriert von Jana Steinert
1997, Dresden, E Johne Verlag, 179 S., ,


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© 25.9.1998 by Manuela Haselberger
Quelle: http://www.bookinist.de