Eine römische Miss Marple
Hans Dieter Stöver
Mord nach der Vorstellung

Gleichgültig wie alt der Leser ist - ein gut gemachter Krimi muss spannend sein, er braucht aber nicht brutal zu sein.

Seit Miss Marple und Pater Brown schätzen wir den unauffällig, aber messerscharf logisch kriminalistisch ermittelnden Laien und genau davon handelt der (Jugend-)Roman von Hans Dieter Stöver: Tillia Capriola, eine aristokratische Dame im antiken Rom, wird am 12.April 74 n.Chr. unfreiwillig Augenzeugin am Mord an einem 26jährigen jungen Adligen.

Sofort erwacht die Kommissarin in ihr: Sie nimmt die Mordwaffe an sich, sichert eine Theatermaske, mit der der Täter sich vermummt hatte, als erste Spur und bringt die beiden Utensilien in Begleitung ihres Lebensgefährten Anthenodoros zu sich nach Hause.

Lebhaft schildert Stöver die antike römische Metropole - er lässt seine Tillia durch die Stadt wandern, beschreibt römische Mode, Sitten und Gepflogenheiten, lässt einen damals noch unbekannten, siebzehnjährigen Dichter (Iuvenalis) auftreten und den Leser auch schon einmal auf der Großbaustelle des Kollosseums umhermarschieren, das damals noch gar nicht so hieß.

Wie ein Stein, der ins Wasser geworfen wird, seine Kreise an der Oberfläche hinterläßt, genauso breiten sich Gerüchte über die Hintergründe der schrecklichen und zunächst völlig unerklärlichen Tat aus.

Bis zum Caesar (damals Vespasian) und seinen beiden Söhnen (Titus und Domitian) sind viele Gruppen an der Aufklärung interessiert.

So treten verschiedene Personen vertraulich an die bemerkenswert selbständige Capriola heran und bitten sie bei der Lösung des Falles behilflich zu sein.

Doch das bleibt nicht ungefährlich für sie. Knapp nur entgeht sie einem Überfall und als ihre Sklaven beim Einkauf auf dem Wochenmarkt sich außer Haus befinden, wird in ihre Wohnung eingebrochen und alles durchwühlt.

Sehr anschaulich beschreibt Stöver alltägliches aus der römischen Gesellschaft, begonnen mit Haushalts- und Einrichtungsgegenständen, der Wasserversorgung und die Funktion sanitärer Einrichtungen bis hin zu gesundheitsförderlichen Mittagsschlaf- und Mahlzeit- sowie Trinkgewohnheiten.

Ein spannender Roman, obwohl die Auflösung am Schluss beinahe ein wenig banal ist, aber ganz sicher zielgruppengerecht. Ältere Kinder, die sich in Geschichte oder Latein mit der damaligen Zeit auseinandersetzen müssen, bekommen hier eine vergnügliche Lektion geboten; selbstverständlich ist das Buch konsequent in neuer Rechtschreibung gedruckt und bietet neben einem übersichtlichen Stadtplan eingangs ein zweiseitiges Personenregister der "Personae dramatis" und am Schluss des Buches eine übersichtliche und verständliche Erklärung eines guten Dutzends Fachbegriffe, die im Roman verwendet wurden.

Lesealter ab 10 Jahren



Hans Dieter Stöver - Mord nach der Vorstellung
Ein Fall für Tillia Capriola
1998, Stuttgart, Weitbrecht, 318 S.

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Der nächste Fall
von Tillia Capriola

Ein mörderisches Rennen





© 12.8.1998
by Manuela Haselberger www.bookinist.de

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