Ein hinterhältiges Bürschchen William Trevor - Die Kinder von Dynmouth
imothy Gedge hat nichts besonderes den
Tag über zu tun. Die Gesamtschule läuft so nebenher
und während der Ferienzeit lungert der fünfzehnjährige
auf der Straße herum und redet mit dem Metzger, dem Pfarrer
oder wer gerade seinen Weg kreuzt.
"Es kam ihnen so vor, als sage er alles, was ihm in den Kopf
kam. Sein Kopf glich einer Mülltonne, in der sich alle Arten
von Müll vermischten, und schließlich sprudelte alles
aus seinem Mund hervor."
Nachdem er sich vorgenommen hat den ersten Platz beim Talentwettbewerb
zu machen, hat Timothy das Problem, einige Requisiten zu organisieren.
Er redet den Leuten in dem kleinen englischen Städtchen Dynmouth
die Ohren schlapp, um eine Badewanne, ein Brautkleid und einen
Anzug aufzutreiben. Doch so leicht ist an die Sachen nicht zu
kommen und darum setzt Timothy bei seinen Besuchen langsam aber
stetig die Daumenschrauben an und läßt in seinen Gesprächen
Dinge einfließen, die nicht gern gehört werden.
Den Lebensmittelhändler hat er schon mehrmals mit anderen
jungen Damen gesehen, die eindeutig nicht seine Ehefrau waren.
Das Ehepaar Dass bringt er völlig aus dem Häuschen,
als er Mrs. Dass erzählt, daß er ihren Mann bei seinem
morgendlichen Schwimmen immer mit jungen Knaben sieht. Den größten
Schrecken jagt er den Kindern Stephen und Kate ein, deren Eltern
erst vor einigen Wochen geheiratet haben. Im Brustton der Überzeugung
berichtet er ihnen, daß er gesehen hat, wie die Mutter von
Stephen von den Klippen gestürzt wurde und keinesfalls bei
einem Unfall ums Leben kam.
William Trevor, 1928 in Irland geboren, lebt heute in England
und gehört zu den herausragenden Romanciers des englischen
Sprachraums.
In "Die Kinder von Dynmouth" beschreibt er auf unterhaltsame
Weise und einem ordentlichen Schuß schwarzen Humor, wie
das Böse langsam schleichend Platz ergreift und wie schwer
es ist, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Am besten und konsequentesten
schaffen es die Kinder, doch schadlos gehen sie aus der Begegnung
mit Timothy nicht hervor. Er hat ihr gegenseitiges Vertrauen für
immer zerstört und auch die Ehe der Dassens läßt
sich nicht mehr kitten. Timothy hat die Wirkung einer kleinen,
harmlos aussehenden Pille, die ihr Gift ganz langsam abgibt, aber
absolut tödlich ist.
|
|
||||||||||
© 18.12.1997 by Manuela Haselberger www.bookinist.de |