Girl
David Thomas - Girl

Es ist zweifellos für einen gesunden, jungen Mann, nicht ganz leicht, mit vier überzähligen Weisheitszähnen in den Operationssaal gefahren zu werden, um nach der Operation ungläubig festzustellen, daß die Weisheitszähne zwar noch immer drin sind, dafür aber ein anderes, ganz entscheidendes Teil seines Körpers fehlt.

An Bradley Barrett wurde fälschlicherweise eine medizinisch tadellose Geschlechtsumwandlung vorgenommen. Selbst an große, beeindruckende Brüste ist gedacht worden. Das alles nur, weil die OP- Pfleger am Tag seiner Operation sturzbetrunken waren und ihre Patienten im Suff verwechselten. Erstaunt stellt Bradley fest, "wie wichtig das eigene Geschlecht ist, merkt man erst, wenn man keins mehr hat."

In witzigen Tagebuch- Notizen beschreibt der britische Journalist David Thomas die langsame Verwandlung des Frauen- und Fußball- Fans Bradley Barrett in die todschicke junge Frau Jackie, die es liebt sich in Designer Kostümen zu präsentieren, eine Menge Geld für Kosmetik ausgibt und sehr erfolgreich in ihrem neuen Job in der Modebranche ist.

"Girl" ist ein absolut witziger Roman, der überzeugend zeigt, daß es längst nicht so leicht ist, wie es aussieht, eine Frau zu sein. Zumal es sich hier nicht um eine der bekannten "Switch Komödien" wie "Tootsie" handelt, bei denen die Rückkehr in die alte Rolle jederzeit möglich ist. Nein, Bradley Barrettīs bestes Stück ist ein für allemal weg. Andererseits ist er doch auf einen Schlag in den Genuß immenser Vorteile gekommen: Es ist ja bekannt, daß die Lebenserwartung von Männern wesentlich geringer ist, als die von Frauen. Auch müssen sie länger arbeiten, bis sie Rente bekommen und erkranken noch dazu viel häufiger an Unterleibskrebs. Da fragt man sich doch, warum nicht mehr Männer eine Geschlechtsumwandlung vornehmen lassen, oder?

David Thomas - Girl
1995, Zürich, Haffmans Verlag, 318 S.,
1998, München, Heyne Verlag, 349 S.,

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© by Manuela Haselberger
rezensiert am 22.09.1996

Quelle: http://www.bookinist.de