Später veranstaltete einer der Freunde der Existentialistin ein Happening auf dem Balkon: ER packte eine Buttercremttorte aus,
öffnete dann seine Hose und pißte auf die Buttercremetorte. Wuschel kam extrem angewidert in die Küche und unterbrach
die Landkauf-Diskussion, aber die Existentialistin beruhigte ihn: "Mensch, das ist Kunstszene, Underground, das ist immer
gewöhnungsbedürftig. |
Am kürzeren Ende der Wurst Thomas Brussig - Am kürzeren Ende der Sonnenallee
Die Sonnenallee ist allein vom Namen her eine gute Adresse in Berlin. Allerdings haben Micha und seine Freunde
nur das kurze Stück erwischt das in Ostberlin, direkt an der Mauer liegt. Na gut, da lässt sich durchaus auch etwas daraus machen, zum Beispiel ziehen Micha und seine Kumpels vor
den Touri-Bussen eine schrille Show ab, wenn sie sich kameratauglich um das letzte Salatblatt balgen oder mit weit
aufgerissenen Augen und bettelnd vorgereckten Händen um Almosen bitten. Als sie groß in einer
West-Illustrierten mit ihrer Nummer herauskommen, gibt das einigen Ärger in ihrer Schule. Sogar ein
Parteimensch ist bei der Direktorin. "Denn wer die Partei beleidigt, beleidigt die DDR. Wer die DDR beleidigt ist gegen
den Frieden. Wer gegen den Frieden ist, muß bekämpft werden." Eine schlüssige Reihenfolge, doch
Micha, der sehr selten um eine Ausrede verlegen ist, windet sich aus der heiklen Situation. Schließlich hat er in
seinem Leben davon schon reichlich gemeistert. So ist sein erster Liebesbrief vom Wind in den Todesstreifen geweht worden, ohne dass Micha auch nur einen Blick
auf den Absender hätte werfen können. Oder die megacoole Fete bei seinem Freund Mario, bei der sogar
ein Happening auf dem Balkon stattfand. Da soll einer denken, nur im Westen ginge die Post ab. Nein, auch im Osten
waren die ersten Avantgardekünstler der Kunstszene am Experimentieren mit vollkommen neuen Materialien.
"Er packte eine Buttercremetorte aus, öffnete dann seine Hose und pißte auf die Buttercremetorte." Thomas Brussig beschreibt den öden Alltag in der ehemaligen DDR auf seine eigene sehr witzige und komische
Weise. Und die Nöte der Jugendlichen waren auf der einen Seite der Mauer gar nicht so verschieden, das kann
man auch in der Verfilmung von Leander Haußmann nachprüfen. | |
© by Manuela Haselberger rezensiert am 1999-11-01 Quelle: http://www.bookinist.de layout © Thomas Haselberger
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