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Flichtlinge Zvi Jagendorf - Die fabelhaften Strudelbakers
Doch auch das Leben in der Emigration ist für die jüdischen "Flichtlinge", so nennen sie sich selbst, alles andere als einfach.
Wolfy bekommt in der Schule als Belohnung für seine geniale Antwort, warum denn das Jesuskind ausgerechnet in einer Krippe liege und er das nahe Liegende vermutet, dass es eben auch ausgebombt wurde, vom Bischof persönlich ein wunderschönes Weihnachtskärtchen mit Maria und Josef im Stall von Bethlehem. Die Wut des Vaters daheim über das für ihn so wichtige Geschenk kann der Junge überhaupt nicht verstehen und dass der Vater es voller Zorn ins Feuer wirft, bleibt ihm unbegreiflich.
Trotz aller Schwierigkeiten und Missverständnisse ist für die beiden Jungs das Einleben in die fremde Welt, die keine Gemeinsamkeiten mit ihrem jüdischen familiären Leben hat, viel leichter als für die Erwachsenen.
Voller Humor und Zuneigung beschreibt Zvi Jagendorf die verstrickte Familiengeschichte der Helfgotts. In sorgfältig aufeinander abgestimmte Kapiteln reiht er die wechselhaften Episoden liebevoll aneinander und so ganz nebenbei erfährt man als Leser eine ganze Menge über den jüdischen Alltag, die Schwierigkeiten des Emigrantenlebens und das Bewahren der Tradition.
"Sie waren noch am Leben und durchquerten einen stickigen Tunnel, auf dem die Stadt lastete, in die sie vor fünfzig Jahren geflohen waren. Damals waren sie Flüchtlinge gewesen, dann Fremde und Evakuierte, Durchreisende mit Koffern, unterwegs nach Irgendwo. Jetzt waren sie Pendler, doch keiner von beiden würde je wieder nach Hause zurückkehren. Das Zuhause war ihnen genommen worden, von bewaffneten Plünderern, von einer verblassenden und verklärten Erinnerung, von Unrast und Friedlosigkeit und nicht zuletzt von jenen Geistern, die die Lebenden enteignen und langsam die Welt erobern würden."
Zvi Jagendorf, 1936 in Wien geboren, studierte in England und lebt heute in Israel als Dozent für Englisch und Theaterwissenschaften, gelang gleich mit seinem ersten Roman ein sensationeller Erfolg - die Nominierung für den Booker Prize und die Auszeichnung mit dem Wingate Prize sprechen für sich.
"Die fabelhaften Strudelbakers" gehört zu den wenigen Büchern, das man beendet und sogleich wieder von vorne beginnen möchte, um nur keinesfalls eines der vielen Details zu verpassen, die der Autor in seiner sinnlichen und farbenprächtigen Geschichte versteckt hat. Große Literatur!
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