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Gute Tage Roger Willemsen - Gute Tage
s sind Menschen, die außergewöhnliche Lebenswege beschreiten, das Extreme lieben oder auf der Suche nach dem eigenen Limit sind und dabei gesellschaftliche Schranken für sich selbst nicht mehr akzeptieren. Eine ganze Anzahl jener stellt Roger Willemsen in seinem Buch "Gute Tage" vor.
Er besucht fern jeder Zivilisation im indonesischen Dschungel die Orang-Utan Forscherin Biruté Galdikas auf ihrer einsamen Forschungsstation und lernt in kürzester Zeit mehr über Menschenaffen, als ihm lieb ist. Sehr überraschend ist, wie schnell sich das Verhalten der Tiere und das ihrer wortkargen, eigenwilligen Forscherin angeglichen hat. Wer färbt hier auf wen ab?
Auch Yassir Arafat wird während seines Exils in Tunis von Willemsen interviewt und durch pure Neugierde und einen glücklichen Zufall landet er in dessen Badezimmer und findet "das trostloseste Sanitär-Ensemble, das man außerhalb einer Jugendherberge sehen kann." Schöner und snobistischer kann man einen abgerissenen Schlauch in einer kleinen Sitzbadewanne, eine Toilette ohne Klobrille und eine offene Tube Colgate, die langsam neben einem orangenen Einweg-Rasierer vor sich hintrocknet, kaum formulieren.
Mit Harald Schmidt kann Roger Willemsen nicht allzu viel anfangen, und sein Fernsehauftritt in dessen Show endet in Peinlichkeit. Während er der "eisernen Lady" Margaret Thatcher ihre eigene Version über den Hintergrund der deutschen Wiedervereinigung entlockt: "Gorbatschow hatte ursprünglich ein Problem im Wohnungsbau, das die Armee betraf. In der Wiedervereinigung erkannt er eine enorme Einnahmequelle und damit die Möglichkeit, dieses Problem zu lösen." So einfach war das.
Leider fehlen bei vielen Porträts die genauen zeitlichen Angaben, wann Willemsen seine Interviews führte. Der Zeitrahmen von 1990 bis 2004, der in den editorischen Notizen erwähnt wird, ist etwas weit gefasst.
Das Schönste bei Roger Willemsens Begegnungen ist die persönliche Atmosphäre, die er für den Leser einfängt, wenn er beispielsweise beschreibt, dass John le Carré den "Guardian" prinzipiell gefaltet und nicht gerollt unter dem Arm trägt und wie er dem englischen Gentleman unversehens seinen eigenen Liebeskummer offenbart.
Roger Willemsens Begegnungen sind eine gelungene Mischung zwischen provokanten Fragen und kühler Distanz.
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© 6.10.2004 by Manuela Haselberger www.bookinist.de |