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Familienleben Viola Roggenkamp - Familienleben
Die Mutter Alma ist Jüdin und hat mit Hilfe ihres deutschen Mannes das Dritte Reich überlebt, doch die Angst dieser Jahre ist ständig gegenwärtig. Die Schwestern müssen ihren Schulweg ohne Trödelei zurücklegen, denn sie wissen beide, dass die Mutter vor Sorge um sie fast vergeht, sollten sie sich auch nur geringfügig verspäten. Selbst das Spielen mit Gleichaltrigen auf der Straße ist ihnen untersagt. Die Familie Schiefer bildet einen kleinen, nahezu undurchdringlichen Wall gegen die Außenwelt.
Großmutter Hedwig, die mit im Haus wohnt und ebenfalls dank ihres Schwiegersohnes überlebte, trifft sich mit ihren Freundinnen im Altersheim zum "Theresienstädter Kaffeekränzchen". Wenn die alten Frauen ins Plaudern kommen, dann werden die Schrecken, die sie erlebt haben, wieder lebendig. "Meine Großmutter kann niemandem gefährlich werden, ihre Haut ist von Angst durchwebt."
Das Leben der Familie wird von außen nachhaltig erschüttert, als ihnen die heruntergekommene, baufällige Villa, die sie mit anderen Familien zusammen bewohnen, zum Kauf angeboten wird. Woher das Geld nehmen? Noch dazu fängt Vera mit dem jetzigen Besitzer, einem verheirateten Mann und ehemaligen Nazi, ein Verhältnis an. Eine Abschottung von der Außenwelt scheint schlicht unmöglich.
Die Autorin Viola Roggenkamp stammt selbst aus einer jüdisch - deutschen Familie und kennt die Verhältnisse, die sie beschreibt sehr genau, das spürt man deutlich bei der Lektüre. Wie erging es Juden, die den Holocaust überlebt haben und die in den Nachkriegsjahren in Deutschland lebten? Wie war ihr Verhältnis zu ihrer Umwelt und wie haben sie ihre Kinder erzogen?
Mit diesen Fragen beschäftigt sich Viola Roggenkamp in einer sehr poetischen Sprache, die das Jiddische mit einbezieht. Sie erzählt in kleinen, unscheinbaren Wahrnehmungen die Geschichte der Familie Schiefer. Da ruft der Eismann, der jeden Tag vor dem Schwimmbad steht, eine ganze Kette von Assoziationen hervor - Erinnerungsblasen, die aufsteigen und die ganze Beklemmung, wie die Verhöre bei der Gestapo, wieder vor Augen führen.
"Nach alldem, wer hätte das gedacht, sagt meine Mutter, wie viel in ein Leben passt und wie viele Leben in eine Zeit, kein Atem reicht, um das zu erzählen, keine Stimme, um alles hörbar zu machen." Viola Roggenkamp hat sich erfolgreich daran versucht.
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![]() ![]() ![]() © 15.3.2004 ![]() by Manuela Haselberger www.bookinist.de |