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China - Der Drachen erwacht "Wolfgang Hirn - Herausforderung China"
m die Botschaft des Buches gleich vorweg zu nehmen: Auf die abschließende Frage, welche Wirtschaft in 75 Jahren die größte der Welt sein wird, antworteten alle lebenden Wirtschafts-Nobelpreisträger anlässlich ihres Treffens auf der Bodenseeinsel Mainau im September 2004, ob sie Klein, Coase, Arrow, Sharpe oder Milton Friedman heißen: CHINA.
In seinem Sachbuch mit dem Titel "Herausforderung China" deckt der Volkswirtschaftler Wolfgang Hirn (Wirtschaftsredakteur beim manager magazin) Schicht um Schicht die erste Wiedergeburt einer historischen Weltmacht in der Neuzeit auf.
Bisher kehrte keine frühere Weltmacht jemals in eine Spitzenposition zurück - China wird die erste sein und sie tut es mit einer derart atemberaubenden Geschwindigkeit wie keine Nation der Geschichte bislang dazu in der Lage war.
Ein Land der Superlative - nur leider hat man dies bei uns im Westen noch nicht einmal ansatzweise wahrgenommen. Ein Staat, der heute bereits mehr als 100 Millionenstädte hat, darunter mit Chongqing die größte der Erde, der die unglaubliche Zahl von 1300 Milliarden Bürgern umfasst und der unausweichlich in wenigen Jahrzehnten an der Spitze der Weltwirtschaft steht.
Wolfgang Hirn umreißt zunächst die historische Bedeutung Chinas, bahnbrechende Erfindungen wie die des Papiers, des Buchdrucks (!) und des Schießpulvers waren ebenso bedeutend wie die Tatsache, dass Jahrzehnte vor Kolumbus der chinesische Entdecker Zheng He mit einer Flotte von über 100 Schiffen und 28000 Soldaten und Seeleuten bis nach Afrika unterwegs war. Doch 1436 beendete der chinesische Kaiser diese Orientierung des Reiches nach außen, hochseetaugliche Schiffe wurden gar verbrannt, das Land blieb ein geheimnisvolles Riesenreich mit einer mehrtausendjährigen Geschichte - die Weltgeschichte nahm (vorerst) eine andere Wendung.
Im 19. und 20. Jahrhundert musste China mehrere Demütigungen seitens der Europäer und Japaner hinnehmen und selbst den großen kommunistischen Führer Mao Zedong überlebte diese Riesennation.
Deng-Xiaoping reformierte ab 1977 das Reich - eine konsequente Öffnung hin zu einem kapitalistischen Wirtschaftssystem unter einer flexibel agierenden und demokratisch mutierenden Einparteien-Regierung der KP-China. Und das Ergebnis ist ein völlig anderes als in Russland.
Geht das, fragen sich viele, eine kapitalistische Wirtschaft und eine kommunistische Führung? Offenbar besser als alle anderen derzeitigen Systeme der Erde. Schon die Hälfte aller Schuhe dieser Erde werden in China produziert, ähnlich verhält es sich mit Kleidung oder nehmen Sie Einwegfeuerzeuge, die stammen zu 2/3 gar aus einer einzigen chinesischen Stadt.
Doch solche Beispiele schrecken hier noch niemanden besonders. Billigware, verlängerte Werkbank, Raubkopierer und ähnliche Begriffe geistern in den Köpfen herum - wenig echte Gefahr. Und so ist es beileibe nicht. In weitaus wirtschaftlich bedrohlicheren Bereichen ist Chinas System heute schon führend, z.B. in der Bio- und Gentechnologie, in der Computerherstellung, im Verbrauch von Rohstoffen. Ob Öl, Gas, Titan, Eisenerz, Stahl, Holz - egal was - China fungiert derzeit wie ein Staubsauger - das zweistellige Wirtschaftswachstum beschert dem Land gigantische "Umstände", ob in der Produktion, in der Umweltbelastung oder im Energiehunger, und das faszinierende dabei ist, dass dieser Einparteienstaat dies immer noch managet und gleichzeitig einen wachsenden Mittelstand hervorbringt, der heute schon millionenfach der Tourismusbranche in der Welt zu Wohlstand verhilft.
China scheint das, wozu die klassischen, westlichen Industriestaaten beinahe zweihundert Jahre gebraucht haben in 50 Jahren zu bewältigen, und so wie es aussieht, ist die Hälfte dieser Zeitspanne schon an uns vorbeigelaufen. Wolfgang Hirn muss dem Leser deswegen auch nicht mehr erklären, wieso derzeit täglich 1000 Arbeitsplätze in Deutschland verschwinden, seine Beispiele von Mexiko, Korea, den USA und Japan machen begreiflich, was vorgeht.
Noch ist China eine große Unbekannte, noch bauen die Chinesen keine eigenen Autos, noch haben sie keine eigene Weltraumstation, noch spielen sie kaum die militärische Karte und doch werden sie der Hegemon Asiens werden, der in 2-3 Jahren die Wirtschaft Deutschlands überholt und in wenigen Jahrzehnten die Gesamt-Europas hinter sich lässt und dann sogar noch die der restlichen Welt zusammen - unaufhaltsam, denn der für Anfang des neuen Jahrtausends befürchtete chinesische Wirtschaftscrash infolge einer unflexiblen Führung trat nicht ein - der Zug ist auf den Schienen und wir werden in wenigen Jahren Namen wie
Haier, China Mobile,
Ningbo Bird, Alibaba.com, Sinopec, Baosteel,
TCL oder Huawei kennen gelernt haben wie einst Samsung oder Sony, weil wir deren führende Produkte erwerben.
Man muss viel zwischen den Zeilen lesen, wenn man sich die Welt in zwanzig Jahren vorstellen will. Hirn schreibt nicht prophetisch, er analysiert, schildert die wirtschaftlichen, militärischen und geopolitischen Fakten. Zeigt das Verhältnis zu den USA und Europa und beleuchtet am Ende seines Buches die Frage nach der alles entscheidenden innenpolitischen Entwicklung dieses Riesenreiches. Weder Chaos noch Demokratie wird das chinesische System kennzeichnen, vielleicht der dritte Weg zwischen Kommunismus und Kapitalismus, der oppositionslose Einparteienstaat, wirtschaftliche Lokomotive der Welt, der nach einer konfuzianischen Ethik gestrickt mehr Verantwortung für den Planeten übernehmen könnte, als andere Gesellschaften dies bisher vermochten, oder uns noch schneller in den ökologischen Meltdown des Planeten katapultiert.
Glauben wir an das Gute, dann bleibt für Deutschland vielleicht etwas übrig, und sei es, dass Sie und ich uns zu einem VHS-Kurs "Chinesisch" anmelden, weil ich fürchte außer "Bildung" wird uns nicht mehr viel bleiben und da überrunden die Chinesen auch bereits spielend jede europäische und amerikanische Hochschule - selbst im Sport will China bei den olympischen Spielen 2008 in Bejing - was sonst - weltspitze sein.
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© 31.5.2005 by Manuela Haselberger www.bookinist.de |