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Gestatten: Frau Thomas Mann Inge und Walter Jens - Frau Thomas Mann
einrichBreloer legte mit seinem ausgezeichneten mehrteiligen Fernsehfilm und dem begleitenden, sehr informativen Sachbuch "Die Manns" den Grundstein für das derzeitige Interesse an dieser schillernden Großfamilie. Im Mittelpunkt selbstverständlich der Schriftsteller Thomas Mann, "der Zauberer", wie er liebevoll von seinen ältesten Kindern Erika und Klaus genannt wird.
Doch wer ist die Frau an seiner Seite, die ihn in seinem Schaffen mehr als fünfzig Jahre begleitete und sich nicht als Katia Mann, sondern gern als "Frau Thomas Mann" vorstellte?
Katharina Pringsheim widmen Inge und Walter Jens ein ganzes Buch. Aus unzähligen, bisher unveröffentlichten Briefen, die sie in mehr als vier Jahren aus einer Vielzahl von Archiven zusammengetragen haben, rekonstruieren sie die Biografie einer Frau, die in ihren Memoiren am Ende ihres Lebens von sich selbst enttäuscht feststellt, dass sie nie habe das tun können, was sie gern getan hätte.
An Aufgaben hat es der jungen Frau aus begütertem Haus allerdings nie gemangelt. Kurz vor Ende ihres Studiums heiratet sie den Verfasser der "Buddenbrooks" und gibt dem Literaturkritiker Alfred Kerr einen Korb. Ihrer Großmutter Hedwig Dohm, einer sehr überzeugten Frauenrechtlerin, dürfte dieses Verhalten der Enkelin wenig gefallen haben.
Doch es bleibt keine Zeit zum Nachdenken, denn in den nächsten Jahren stellen sich kurz hintereinander sechs Kinder ein und Katia Mann hat alle Hände voll zu tun, um ihrem Mann die nötige Ruhe zum Schreiben zu bewahren und die Kinder zu versorgen. Noch dazu ist ihr Gesundheitszustand bedenklich angeschlagen und sie verbringt viele Monate in Sanatorien. Thomas Mann wird durch ihre humorvollen Briefe aus Davos zu seinem Roman "Der Zauberberg" inspiriert.
Gleichgültig, ob es um den Empfang des Nobelpreises, die Emigration in die Schweiz oder um Verhandlungen mit dem Verleger geht, Katia Mann ist immer an der Seite ihres Mannes und ihr Organisationstalent ist selbst im fremden Amerika grenzenlos. Sie gestaltet die Umgebung ihres Mannes immer so komfortabel wie möglich. Nichts soll ihn vom Schreiben abhalten.
Für ihre Kinder ist sie mit ihrer liberalen Erziehungseinstellung eine Vertraute, auch wenn sie es mit ihnen nicht leicht hat - Homosexualität, Drogen, unerwünschte Ehepartner, Selbstmord. Die Probleme nehmen kein Ende. Doch die Mutter weiß, im Gegensatz zum Vater, immer über alle Nöte Bescheid.
Inge Jens, ihr fällt vor allem die aufreibende Arbeit in den Archiven zu, stellt zusammen mit ihrem Ehemann Professor Walter Jens, die starke Persönlichkeit Katia Mann in ihren verschiedenen Rollen mit all ihren unterschiedlichen Facetten und auch Widersprüchlichkeiten eindrücklich dar. Doch niemals geht es darum, die so sorgsam Porträtierte bloßzustellen. Dezent nähern sie sich ihr, denn Katias Briefwechsel war niemals für die Öffentlichkeit bestimmt.
Auch wenn sich Katia Mann in einem Brief an ihre Tochter Erika lediglich als "sein Zubehör" bezeichnet, wird doch in dieser sehr lesenswerten Biografie mehr als deutlich, dass diese Frau "Zubehör als Zugehörigkeit empfand, aus der sie Sinn und Aufgabe ihres Lebens ableitete." Und das keinesfalls in einer demütigen Opferrolle, sondern sie hat ihr Leben großzügig diesem überragenden Schriftsteller gewidmet, manchmal auch mit knirschenden Zähnen.
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© 7.3.2003 by Manuela Haselberger www.bookinist.de |