Leseprobe bei Diogenes





Lesezitat

Am 11. November 1997 entschied Veronika, jetzt sei es - endlich - an er Zelt, sich das Leben zu nehmen. Sie machte ihr Zimmer sauber, das sie in einem Kloster gemieter hatte, stellte die Heizung ab, putzte die Zähne und legte sich aufs Bett.

Sie nahm die vier Schachteln mit den Schlaftabletten vom Nachtisch. Lieber wollte sie eine Tablette nach der anderen nehmen, anstatt sie zu zerdrücken und in Wasser aufzulösen, da schließlich zwischen Absicht und Umsetzung einer Absicht ein himmelweiter Unterschied besteht und sie sich Freiheit bewahren wollte, es sich auf halbem Weg noch einmal anders überlegen zu können. Doch mit jeder heruntergeschluckten Tablette wurde sie sich ihrer Sache sicherer: Nach fünf Minuten waren alle Schachteln leer.

Da sie nicht genau wußte, wie lange es dauern würde, bis sie das Bewußtsein verlor, hatte sie neben sich auf dem Bett die neuste Ausgabe des französischen Männermagazins Homme, die gerade erst in der Bibliothek eingetroffen war, in er sie arbeitete. Sie war beim Durchblättern der Zeitschrift zufällig auf einen Artikel über ein Computerspiel von an Coelho gestoßen. Sie hatte den brasilianischen Schriftsteller bei einem Vortrag im Hotel Grand Union kennengelernt und ein paar Worte mir ihm gewechselt. S. 7

Lesezitat aus
Paulo Coelho -
Veronika beschließt zu sterben

Leseprobe bei Diogenes


weiteres Buch von
Paulo Coelho


Am Ufer des Rio Piedra saß ich und weinte







Lebensträume
Paulo Coelho - Veronika beschließt zu sterben

Veronika, gerade einmal vierundzwanzig Jahre alt, hat ein gleichförmiges, nicht unglückliches Leben. Sie glaubt allerdings nicht daran, dass noch viele Überraschungen auf sie warten – außer das Alter und der Tod. Da kann sie die Sache gleich selbst in die Hand nehmen. Sie schluckt eine Überdosis an Schlaftabletten. Doch sie wird gerettet.

Als sie im Krankenhaus erwacht, haben die Ärzte eine unangenehme Nachricht für sie. Ihr Herz ist schwer geschädigt und sie hat höchstens noch fünf bis sechs Tage zu leben. Veronika erschrickt. Nun ist der Tod nicht mehr eine Sache ihrer Entscheidung, sondern sie wartet auf ihn – und lernt mit jeder Faser neu zu leben.

Paulo Coelho hat in diesem Roman eigene Erfahrungen seiner Jugend in der Psychiatrie verarbeitet. Ein nachdenkliches Buch, mit einer Menge Lebensweisheit.




   Paulo Coelho -
   Veronika beschließt zu sterben
    Originaltitel: »Veronika Decide Morrer«, © 1998
    Übersetzt von Maralde Meyer-Minnemann
    © 2000, Zürich, Diogenes Verlag, 224 S., 17.90 € (HC)
    © 2002, Zürich, Diogenes Verlag, 224 S.,  8.90 € (TB)
    © 2000, München, Steinbach Sprechende Bücher, 4 Cass, 17.90 € (MC)
   



Fortsetzung der Lesezitate ...

"Ich habe einmal eine Frau in einem ausgeschnittenen roten Kleid bei minus fünf Grad Celsius mit glasigen Augen durch Ljubljana gehen sehen. Ich glaubte, sie sei betrunken, und wollte ihr helfen, doch sie hat meine Jacke abgelehnt, Vielleicht war in ihrer Welt Sommer. Vielleicht fieberte ihr Körper einem Liebsten entgegen. Auch wenn diese Person nur in ihrem Delirium existierte, hat sie doch ein Recht zu leben und zu sterben, wie sie will, findest du nicht?"

Veronika wußte nicht, was sie sagen sollte, doch die Worte dieser Verrückten machten Sinn. Vielleicht war sie ja selbst die Frau gewesen, die halbnackt durch die Straßen von Ljubljana gewandert war.

"Ich werde dir eine Geschichte erzählen", sagte Zedka.

"Ein mächtiger Zauberer, der ein Königreich zerstören wollte, schüttete einen Zaubertrank in den Brunnen, aus dem alle Einwohner tranken. Wer von diesem Wasser trank, würde verrückt werden. Am folgenden Morgen trank die ganze Bevölkerung da- von, und alle wurden verrückt außer dem König, der einen eigenen Brunnen für sich und seine Familie besaß, zu dem der Zauberer keinen Zugang hatte. Besorgt versuchte er die Bevölkerung unter Kontrolle zu bringen, indem er eine Reihe von Sicherheits- und Gesundheitsmaßnahmen erließ. Doch die Polizisten und Inspektoren hatten von dem vergiften Wasser getrunken, hielten die Beschlüsse des Königs für absurd und beschlossen, sie keinesfalls zu befolgen.

Als die Bevölkerung von den königlichen Verordnungen hörte, glaubte sie, der Herrscher sei verrückt geworden und würde nunmehr sinnloses Zeug schreiben. Sie begaben sich unter lautem Geschrei zur Burg und verlangten seinen Rücktritt.

Verzweifelt willigte der König ein, den Thron zu verlassen, doch die Königin hinderte ihn daran und sagte: "Laß uns zum Brunnen gehen und auch daraus trinken. Dann sInd wir genauso wie sie."

So geschah es: Der König und die Königin tranken vom Wasser der Verrücktheit und fingen sogleich an, sinnlose Dinge zu sagen. Nun bereuten die Untertanen ihr Ansinnen. Jetzt, da der König so viel Weisheit zeigte, könne man ihn doch weiter das Land regieren lassen.

Das Leben in diesem Land verlief ohne Zwischenfälle, wenn es auch anders war als das der Nachbarvölker. Und er König regierte bis aus Ende seiner Tage."

Veronika lachte. S. 42

"Antworten Sie doch auf meine Frage!"

"Alles ist verkehrt. Weil, wenn alle träumen und nur einige ihre Träume umsetzen, alle Welt sich feige fühlt."

"Auch wenn diese Wenigen recht haben?"

"Wer recht hat, ist der Stärkere. In diesem Fall sind paradoxerweise die Feigen mutiger, und es gelingt ihnen, ihre Ideen durchzusetzen." S. 152

"Hab keine Angst. Heute habe ich Dr. lgor gebeten, mich hier heraus zu lassen, damit ich mir einen Platz aussuche, an dem ich meine Augen für immer schließe. Doch als ich sah, wie dich die Krankenpfleger packten, begriff ich, was ich sehen wollte, wenn ich diese Welt verließ: dein Gesicht. Und ich beschloß, nicht wegzugehen.

Als du wegen des Elektroschocks schliefst, hatte ich einen weiteren Herzanfall und dachte, meine Stunde sei gekommen. Ich sah dein Gesicht an, versuchte deine Geschichte zu erraten und bereitete mich darauf vor, glücklich zu sterben. Doch der Tod kam nicht - mein Herz hielt wieder einmal stand, wahrscheinlich, weil ich so jung bin." S. 208


Lesezitate aus Paulo Coelho - Veronika beschließt zu sterben


© by Manuela Haselberger
rezensiert am 29.6.2000

Quelle: http://www.bookinist.de
layout © Thomas Haselberger

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