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  Lesealter: 10 Jahre  

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DRITTES KAPITEL, IN DEM ES UM MEINEN UNNORMALEN PAPA (UP) GEHT, UM DEN BESUCH DES LEHRERS UND MIMUNS BRIEF

Jetzt ist es schon wieder eine Woche später. Ich spiele mit Caro auf der Straße.
"Ach, weißte", sagt sie, "auf die Jungs musste nicht so viel geben."
Caro hat einen Sehr Unnormalen Papa (SUP). Aber das darf ich nicht weitererzählen, darauf komme ich also erst später.
"Ich geb doch überhaupt nichts auf Jungs", sage ich. Caro und ich sind die einzigen niederländischen Kinder in der Klasse. Alle anderen sind Ausländer. Caro hat einen SUP und ich hab einen UP. Ich glaub, alle niederländischen Kinder haben einen Unnormalen Papa. Meine Mutter sagt, dass es fru her auch ein paar Normale Papas gab. Die kamen nach Hause, guckten Fernsehen und tranken Bier. Solche Väter gibt's, glaub ich, nicht mehr.
Du kannst zum Beispiel einen Vater haben, der nicht dein Vater ist.
Oder einen Vater, der zwar dein Vater ist, der aber woanders wohnt. S. 20


Lesezitat nach Guus Kuijer - Wir alle für immer zusammen


Wir alle für immer zusammen
Guus Kuijer - Wir alle für immer zusammen
Deutscher Kinderbuchpreis 2002

olleke hat es nicht leicht. Da geht sie schon seit Jahren mit Mimun und nun, gerade in der siebten Klasse, beschließt der marokkanische Junge mit den schönsten dunklen Augen, mit ihr Schluss zu machen und das alles nur, weil sie laut und deutlich im Unterricht gesagt hat, dass sie später Dichterin werden möchte. Dabei ist ihr Vater ja auch Dichter. Zumindest sagt er es immer. Noch hat er zwar kein Wort geschrieben, doch sicher fängt er bald damit an.

Allerdings gehört ihr Vater Spieks zu der Kategorie UP, das heißt Unnormaler Papa, denn er lebt nicht mehr bei Polleke und ihrer Mutter. Für einige Zeit muss er sogar ins Gefängnis, doch das kann in den Augen Pollekes nur ein Missverständnis sein. Trotz allem ist er immer noch besser als Coras Vater, der ist ein SUP, sehr unnormaler Papa. Ehrlich, wer will schon mit einer solchen Plage gesegnet sein?

Der absolute Überhammer bringt Pollekes Mutter, als sie beschließt wieder zu heiraten. Völlig überflüssig, meint Polleke zu ihrer besten Freundin Cora, doch dass es ausgerechnet ihr Lehrer sein muss, das übersteigt wirklich jedes Verständnis. Kein Wunder klagt Polleke: "Manchmal ist das Leben ein Brechmittel."

Der Niederländer Guus Kuijer, der für seine Kinder- und Jugendbücher vielfach ausgezeichnet wurde, 1979 erhielt er den holländischen Staatspreis für Kinder- und Jugendliteratur und 1982 wurde sein Buch "Erzähl mir von Oma" mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis prämiert, hat mit Polleke eine kleine Heldin geschaffen, die weit erwachsener ihre Umwelt wahrnimmt und in ihr agiert, als ihre eigenen Eltern, die ständig mit der Lösung von Problemen beschäftigt sind, die sie kaum bewältigen können. Nicht selten sind sie auf die Hilfe des kleinen Mädchens angewiesen, das sich nichts sehnlicher wünscht, als "wir alle für immer zusammen."

Ein, trotz aller traurigen Momente, witziges Kinderbuch, das den Rahmen des bekannten Kinderromans sprengt, und die häufige Hilflosigkeit der Erwachsenen thematisiert, die nicht in der Lage sind, den Kindern eine Verhaltens-Richtschnur zu bieten und sie damit gnadenlos überfordern. © manuela haselberger


Guus Kuijer - Wir alle für immer zusammen
Originaltitel: "Voor altijd samen, amen " © 1999
Übersetzt von Sylke Hachmeister
2001, Hamburg, Oetinger Verlag, 95 S., 9.50 €

I N H A L T

Erstes Kapitel, in dem Mimun mit mir Schluss macht, weil ich Dichterin bin

Zweites Kapitel, in dem ich wütend bin, aber keine Rassistin, und in dem sich der Lehrer in meine Mutter verliebt

Drittes Kapitel, in dem es um meinen unnormalen Papa (UP) geht, um den Besuch des Lehrers und Mimuns Brief

Viertes Kapitel, in dem es darum geht, dass mein Vater ein Dichter ist, dass Hilletje eine Stoffpuppe in den Videorekorder steckt und dass der Lehrer bei uns zu Hause ist

Fünftes Kapitel, in dem es darum geht, dass ich vielleicht doch einen Glauben habe und dass Greetje Mutter wird

Sechstes Kapitel, in dem es darum geht, dass Spiek verschwindet, der Lehrer aber gerade nicht, und um Flussdeltas

Siebtes Kapitel, in dem es darum geht, dass getratscht wird und dass ich einen Hindu nehme und was mit Spiek passiert ist

Achtes Kapitel, in dem ich und mein Kalb einschlafen, ich auf Oma wütend werde und meine Mutter und der Lehrer sich küssen

Neuntes Kapitel, in dem es darum geht, dass es jetzt alle wissen und dass Spiek es auch weiß

Zehntes Kapitel, in dein es darum geht, dass mein Vater auf dem Weg zum Ende der Welt ist, dass der Lehrer ein anständiger Kerl ist und dass Mimun und ich nicht zusammen gehen

Elftes Kapitel, in dem Caro und ich ein albernes Spiel spielen und Gamesh etwas durch die Klasse ruft

Zwölftes Kapitel, in dem es darum geht, dass ich Bäume lerne, dass ich schön beten kann, dass man manche Sachen nicht darf, andere aber wohl, und dass der Lehrer manchmal nicht der Lehrer ist

Dreizehntes Kapitel, in dem es darum geht, dass viel zu viel passiert, woran man denken muss, und um einen Zahn, der nicht da ist

vierzehntes Kapitel, in dem drei Gulden fehlen und Mimun mich erschreckt, ich dann aber sehr froh darüber bin


Verdammt! So ein Mist! Ich will zu Oma und Opa, zu Greetje und ihrem Kalb. Ich will, ich will, ich will!
Aber das geht nicht, weil niemand Spiek besucht. Ich kann ihn nicht allein lassen.

Fortsetzung des Lesezitats ...

Ich setze mich auf die Bordsteinkante. Ich lege den Kopf auf meine Tasche. Manchmal ist das Leben ein Brechmittel. Immer mehr Kinder in meinem Alter sterben, wusstet ihr das? Vielleicht sterbe ich ja auch. Und dann, o ja, dann wird es ihnen aber Leid tun. Sollt ihr mal sehen. Dann heulen sie alle auf meiner Beerdigung. Rotz und Wasser. Aber dann ist es zu spät! Jetzt müssten sie sich fragen: "Ist Polleke auch glücklich?"Jetzt, wo ich noch am Leben bin! Nein, ihr Lieben, Polleke ist nicht glücklich. Polleke ist das unglücklichste elfjährige Kind auf der Welt. Und wenn ihr nicht aufpasst, gehe ich hupps! ganz einfach tot. (Wer hat da noch mal hupps! gesagt?)

Jemand tippt mir auf die Schulter. Ich gucke hoch, genau in Mimuns Gesicht.
"O nee", seufze ich. "Dich kann ich ja nun echt nicht gebrauchen."
Mimun setzt sich neben mich auf die Bordsteinkante. "Verpiss dich, ja?", sage ich.
"Nee, wieso?", fragt er.
"Weil du nicht neben mir sitzen darfst", sage ich böse. "Das will dein Papi nicht und deine Mami nicht und deine ganze Familie nicht, du Papakind."
Ich habe Lust ihn zu ärgern. Da hab ich jetzt So richtig Lust zu. Also sag ich: "Ich fand ja schon immer, dass du ein richtig lahmer, braver Junge bist. Ich brauchte dich nur von weitem zu sehen, da hab ich schon Langeweile gekriegt."
Mimun sagt eine Zeit lang nichts. Ich schitze, dasa er im Innern tief getroffen ist. Richtig so. S. 47
Lesezitate nach Guus Kuijer - Wir alle für immer zusammen




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© 14.6.2001 by
Manuela Haselberger
Quelle: http://www.bookinist.de