s geschah eines Nachts, da kam eine Fee zu einem ganz gewöhnlichen Jungen namens Hodder.
Die Fee sagte Hodder, er sei auserwählt, und Hodder, der bis dahin nichts davon gewusst hatte, dass er auserwählt war, und der noch nie eine Fee gesehen hatte, setzte sich im Bett auf, rieb sich die Augen und fragte bescheiden, ob es sich nicht um ein Missverständnis handeln würde.
Die Fee antwortete mit einer Stimme, die gedämpft und doch entschieden war, ganz genau wie der Regen, der nur im Oktober fällt: »Du bist der Auserwählte, Hodder, du bist der Auserwählte.«
Hodder setzte seine Brille auf und starrte die Fee an, die mit einem kleinen Hüpfer zum Fenster sprang, wo sich die Gardine im Nachtwind bewegte.
Hodder hatte gerade eine Grippe überstanden und fühlte sich immer noch ein bisschen schlotterig in den Beinen.
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Lesezitat nach Bjarne Reuter - Hodder der Nachtschwärmer
Hodder der Nachtschwärmer
Bjarne Reuter - Hodder der Nachtschwärmer
Hodder ist ein kleiner Junge und viel zu oft allein. Abends, wenn sein Vater unterwegs ist, um Plakate zu kleben, steht er oft am Fenster und schaut in die Nacht hinaus.
Und an einem solchen Abend begegnet Hodder der Fee, die ihm den nicht gerade kleinen Auftrag erteilt: "Hodder, du Nachtschwärmer, du bist ein Auserwählter, du wirst die Welt erretten." Nicht dass Hodder nicht schon genug Probleme hätte. In der Schule ist er immer der Letzte, der übrig bleibt, wenn neue Fußballmannschaften gewählt werden und seine Lehrerin bringt er mit seinen Fragen, die meist überhaupt nichts mit dem Unterrichtsthema zu tun haben, beispielsweise nach dem Namen ihres Parfums, regelmäßig zur Weißglut.
Doch Hodder nimmt seinen Auftrag sehr ernst und gründet zunächst eine Expedition. Natürlich braucht er dazu die richtigen Teilnehmer. Auf jeden Fall seinen Vater, vielleicht auch seine Lehrerin. Wer käme noch in Frage?
Hodder ist in den nächsten Tagen sehr beschäftigt und überhaupt nicht mehr einsam. Ja, ganz am Ende findet er sogar seinen ersten Freund.
Der dänische Autor Bjarne Reuter schildert in Hodder einen einzigartigen Jungen, der vieles in seiner Umgebung nicht versteht, weil ihm der Kontakt zu seinen Mitmenschen fehlt. Doch Hodder unternimmt immer wieder einen neuen Versuch, sich in der Welt zurechtzufinden. Von einem kleinen Missgeschick lässt er sich längst nicht unterkriegen. Mit sehr viel Ernst und Eifer, die den Leser zum Schmunzeln bringen, schlägt er sich durch alle Widrigkeiten des Alltags.
Mein Vater und ich sind allein. Wir haben keine Mutter. Oder richtig gesagt, mein Vater hat keine Frau. Was natürlich heißt, dass ich auch keine Mutter habe. Das heißt, wir müssen sozusagen alles selber machen. Das wollen wir ja auch gern, aber wenn jetzt plötzlich das mit der Welt dazukommt, dann wird alles so unübersichtlich, obendrein Butterbrote schmieren und montags sauber machen und sonnabends einkaufen. Und sonntags müssen wir noch ins Waschcenter. Nicht, dass ich die Welt nicht erretten will, ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, ich hab's ja auch versprochen, denn wie Frau Andersen sagt, wer A sagt, muss auch B sagen. Ich weiß auch nicht, warum. Haben Sie was gesagt?«
»Auserwählt bist du, Hodder.«
Hodder seufzte und nickte. »Ja, bin ich wohl, lassen Sie mal sehen, ach ja, ich hatte mir überlegt, mit einer kleinen Insel anzufangen.«
Hodder holte seinen Atlas, als die Fee zu ihm hinschwebte und sich neben ihn setzte. Das war ein eigentümliches Gefühl, denn plötzlich spürte Hodder eine unerwartete Kälte, als hätte jemand einen riesigen Kühlschrank geöffnet. Und wie bei ihrem letzten Besuch strahlte von der Fee ein kräftiges Licht aus. Sie starrte Hodder mit ihren weißen Augen an.
»Sei gegrüßt, Hodder«, sagte sie.
»Ja, Sie auch«, sagte Hodder müde. »Sagt Ihnen der Name Guambilua etwas? Das ist eine kleine Insel ganz unten bei Afrika. Sie ist nicht größer als die kleinen schwarzen Dinger auf den Mohnbrötchen.« S. 66
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