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Er hieß Rainer und wohnte in der Wohnung unter uns.
Wir nannten ihn Furchendackel. So einer war das. Ein Spielverderber. Ein Schlappschwanz. Ein ganz krummer Hund.
Immer anschleichen. Immer rumschnüffeln. Immer mitspielen wollen.
Eben ein Furchendackel.

Und was der für Hände hatte. Ganz rau und borkig waren die, so wie die Krallen eines Wellensittichs. Mit blutig aufgesprungenen Knöcheln und abgebissenen Fingernägeln.

Und er popelte, wo er ging und stand. Und er steckte die Popel in den Mund und fraß sie auf. Es war ihm völlig gleich, ob ihm jemand dabei zusah.

Wir waren vier. Hansi Pfeifer, Martina Thiemann, Michael Franke und ich.

Und wir wohnten alle im Burgweg. Gleich neben dem Viadukt. Wenn da die Züge drüberfuhren, klingelten bei uns die Gläser im Küchenschrank, und mein Vater sagte, der 16:04 hat heute Verspätung S. 7


Lesezitat nach Jutta Richter -
Der Tag, als ich lernte die Spinnen zu zähmen


Bookinists Buchtipp zu


Der Hund mit dem gelben Herzen

von Jutta Richter

Rattenfängerpreis 2000



Hinter dem Bahnhof beginnt das Meer

von Jutta Richter




Freundschaft mit einem Spielverderber?
Jutta Richter - Der Tag, als ich lernte die Spinnen zu zähmen


ie Kinder in der Siedlung nennen ihn Furchendackel, Spielverderber, Nasenpopler oder Schlappschwanz. Dabei möchte Rainer einfach nur mitspielen und dazugehören. Und Kunststücke kann er, ganz besondere sogar, nur weiß das außer der Ich-Erzählerin keiner.

In einer schwachen Minute hat sie, die von Rainer nur Meechen genannt wird, ihm von der Kellerkatze erzählt. Die Eltern lachen sie immer nur aus, wenn sie nicht in den Keller gehen will, in dem dieses heimtückische Monster haust. Doch Rainer hat nicht gelacht, sondern dieses gefährliche Monster für immer vertrieben. Er weiß einfach Bescheid, was zu tun ist. Selbst Spinnen kann er zähmen. Nie wieder muss man sich vor ihnen gruseln. Ganz egal in welcher Zimmerecke sie gerade ihre Netze weben.

Doch "wozu ist eigentlich ein Freund gut, den niemand leiden kann?" das fragt sich Meechen, als Rainer und Michael eine fürchterliche Schlägerei hatten und Michael unglücklich mit dem Kopf auf die Bordsteinkante schlägt. Ab jetzt wird Rainer von allen geschnitten. Und Meechen, seine Freundin, gehört plötzlich nicht mehr dazu. Sie ist eine "Dieda" geworden, mit der keiner mehr redet.

"Der Tag als ich lernte die Spinnen zu zähmen" ist eine sensible, sehr realistische Geschichte einer Kinderfreundschaft, mitten aus dem Alltag gegriffen, ohne Happyend, doch mit allen Nöten und Sorgen, die es mit Freunden und Eltern in der Grundschule gibt.

Jutta Richter, die bereits mit ihrer Erzählung "Der Hund mit dem gelben Herzen" für den Deutschen Jugendliteraturpreis 1998 nominiert war, hat erneut ein preisverdächtiges Kinderbuch vorgelegt. Ihre besondere Stärke ist die wunderbare Einfühlung und plastische Schilderung der Kinderwelt: "Ich wusste, dass alle Wörter noch eine zweite Bedeutung hatten. Eine Bedeutung, die wir Kinder nicht verstehen konnten, eine Bedeutung, die nur Erwachsene kannten. Sie sprachen eine Geheimsprache."

Eine besondere Freundschaftsgeschichte, der viele (nicht nur kleine) Leser zu wünschen sind. © manuela haselberger

Jutta Richter - Der Tag, als ich lernte die Spinnen zu zähmen
2000, München, Hanser Verlag, 87 S.
  Lesealter: 10 Jahre  

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gebunden:

  • Der Hund mit dem gelben Herzen   © 1997
  • Herr Oska und das Zirr © 1998
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  • Der Hund mit dem gelben Herzen   © 2000
  • Hast du Zeit für mich?   © 1984

    CD:

  • Hast du etwas Zeit für mich?   © 1996
  • In der allerlängsten Nacht.
        Advents- und Weihnachtslieder für Kinder.
      © 1999


  • Fortsetzung des Lesezitats ...

    »Komm raus, Meechen!«, rief er. »Wir brauchen noch eine zum Mitspielen.«
    Ich stellte mich tot.
    »Die hat ja wieder Hausarrest«, kicherte Martina Thiemann. »Die hat doch immer Hausarrest!«
    »Das stimmt nicht«, sagte ich und schwieg, weil Tote nicht sprechen können. Ich hatte mit Sicherheit nicht öfter Hausarrest als Martina Thiemann. Denn Hausarrest gab es nur für zu spät kommen und heimlich im Bett lesen. Das hatte ich getan und, weil die Taschenlampe keine Batterie mehr hatte, eine Weihnachtskerze unters Bett gestellt.
    Mein Vater hatte dann das Feuer mit meiner Bettdecke erstickt und »Eine Woche Hausarrest!« gesagt.
    Das Totstellen war wahnsinnig langweilig. Ich legte mich wieder aufs Bett und starrte die Decke an.

    Plötzlich entdeckte ich die Spinne.
    Sie war mindestens so groß wie meine Hand und sie kroch langsam die Zimmerdecke entlang, bis sie genau über meinem Gesicht verharrte. S. 20-21

    Lesezitate nach Jutta Richter - Der Tag, als ich lernte die Spinnen zu zähmen


    © 2.11-2000 by
    Manuela Haselberger
    Quelle: http://www.bookinist.de