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dt. Krimipreis 2001 - Platz 1 (national)
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Verzeichnis wichtiger Personen (für den Fall, dass Sie beim Lesen gestört werden)
Berndorf der Kommissar im Dezernat Kapitalverbrechen
Tamar Wegenast, die Kommissarin
Barbara Stein, Professorin in Berlin, Berndorfs Gefährtin
Hannah Thalmann, Tamars Gefährtin; Malerin; betreut die Skrowoneks
Witwe Fröschle, Reinemachefrau bei Berndorf
Akteure im Gericht
Sonja Biesinger, Veihles Freundin
Eisholm, Welfs Starverteidiger aus München
Hagenberg, Vorsitzender Richter
Meulenfeld, Staatsanwältin
Stefan Rodek, ehemaliger Fallschirmspringer
Rosdorfer, Veihles Verteidiger
Hartmut Sander. Protokollführer, Hobbyfotograf
Simplendörfer, Welfs Ulmer Verteidiger
Axel Veihle, Rodeks Gefolgsmann
Die Montagsrunde der Rotarier
Dompfaff, Chefredakteur des »Tagblatt«
Freyberg, Gynäkologe
Eugen S. Kaufferle, Bankdirektor, im Wirtschaftsrat der Staatspartei
Kugler, Rechtsanwalt; Rodeks Verteidiger, mit Welf befreundet
Schnittke. Urologe
Jörg Welf, Architekt und Bauunternehmer von Haun & Nachfolger
Im Neuen Bau
Blocher. Leiter des Rauschgiftdezernats
Desarts, Oberstaatsanwalt; liebt Karamell-Sahnebonbons
Englin, Kriminaldirektor; unruhig blickender Polizeichef
Frentzel, Gerichtsreporter beim »Tagblatt«
Hansi, früher Raubdezernat; betreut SSV-Fans
Heilbronner, Leissles Kollege
Hugler Informant (»Grün II«) von Blochers Rauschgiftdezernat
Hummayer, zückt den Dienstausweis gegen die Mafia
Jankl, Einsatzleiter der (bayerischen) Aktion »Sturzflug«
Dr. Roman Kovacz, Gerichtsmediziner
Alfred Krauser, Polizeihauptmeister mit Aufstiegsabsichten
Krummholtz, Gefängnisleiter
Kubanczyk, Angestellter des Wach- und Schließdienstes beim Justizgebäude
Kubitzchek, Polizeihauptmeister (NeuUlm), Rösners Kollege; Autoexperte
Kühler, Blochers Fahrer; besteht auf Vorfahrt
Kuttler, Assistent Englins; arbeitet mit Tamar Wegenast
Glaudia Lehmann, Italienisch-Lehrerin, hilft Krauser beim Übersetzen
Leissle (Orrie). Polizeihauptmeister, Spezialist für Pannendienst
Markert, Chef der Schutzpolizei
Polaczek, Polizist im Innenstadt-Revier; Basketballspieler
Rösner, Polizeihauptmeister (Neu-Ulm); auf Streife bei Hochwasser
Schmoltze, Computerspezialist im Dezernat »Organisierte Kriminalität«
Nikodemus Schweitzer, Leiter der Polizeidirektion Friedrichshafen
Siebeneichler, Justizhauptwachtmeister
Tautka, Leiter des Dezernats für Wirtschaftskriminalität
Menschen rund ums Abbruchhaus
Manuel Achenbach, Thai-Boxer, SSV-Fan
Koblach, Wirt des »Deutschen Kaiser«
Maria Skrowonek, Hausfrau
Erwin Skrowonek, Rentner
Shortie, Tankos Kumpan
Tanko, der Tätowierte; wohnt unter Skrowoneks, spielt Karten
Karl-Heinz Oettinger, Boxtrainer in Stuttgart-Degerloch
Johannes Rübsam, Pfarrer der Pauluskirche, Autofahrer
Vogler, Gemeindeältester
Italo-Connection
Salvatore Bertone, kalabresische Mafia
Anionio Gasaroll, Edim-Bauarbeiter; beim Brandanschlag verletzt
Garlo Lettner, Chef der italienischen Baufirma Edim SA
Marciano. Varsalones Fahrer
Salvatore, Begleiter
Tadeusz, polnischer Kapo auf dem Neubau am Donauufer
Mario Varsalone, Zigarrenraucher; der Chef
Wirt der Trattoria Schäfflergasse, mit guten Verbindungen
Im Dorf der Obstbäume und Kampfkatzen
Eugen Vochezer, Obstbauer aus Gauggenried
Vera Vochezer, seine Schwiegertochter
Wilhelm Vochezer, Sohn; Filialleiter der Raiffeisenbank
Sylvie Wenger, Biberacher Kriminalbeamtin; spez. Personenschutz
Seilschaften der Ulmer Bauwirtschaft
Brauchle, Angestellter auf der Deponie Lettenbühl
Eisermann, Polier bei Gföllner
Jakob Gföllner, Bauunternehmer; Vizepräsident der IHK
Markus Gföllner, sein Sohn
Klotzbach , Baudezernent
Pleiffle. Fraktionssprecher des Bürgerblocks
Schaffranek. Hausmeister auf Gföllners Bauhof
Im Hause Weil
Judith Norden. Architektin; Welfs Assistentin
Ellinor Weil; Mutter des Architekten
Georgie Weil; das Kind
Marle-Luise Weil; geb Haun, Wells Ehefrau
Solveig, Nachbarstochter der Welfs, soll auf Georgie aufpassen
Im Dunst der Staatspartei
Der Ministerpräsident (und sein Schwager vom Flughafenbau)
Rentz, Ministerialdirektor; Personalchef des Innenministeriums
Pfullinger, Berndorfs Kollege im Stuttgarter Polizeipräsidium
Schlauff, Staatssekretär
Partyleben in Berlin
Dr. Immanuel Goldstein, Psychiater
Dr. Nimmerley, Privatdozent
Pfrontner, Politologe; Barbara Steins Kollege
Im Hintergrund
Sätze und Klänge von: Georg Christoph Lichtenberg, Bert Brecht, Goethe, Catull, Gustav Schwab, Thelonius Monk, Miles Davis, Paolo Conte u.v.a
Lesezitat nach Ulrich Ritzel - Schwemmholz
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Die Highsociety in Ulm - knietief im Sumpf
Ulrich Ritzel - Schwemmholz
er Ulmer Kommissar Berndorf hat mit seinem schwedischen Kollegen Wallander nicht nur die stille, depressive Gemütslage gemeinsam, beide sind auch bei den Krimilesern außerordentlich beliebt. Für den neuesten Berndorf-Krimi "Schwemmholz" erhält der Autor Ulrich Ritzel den Deutschen Krimipreis 2001 vom Bochumer Krimi - Archiv verliehen. Von einer ausschließlich mit erfahrenen Krimi-Spezialisten besetzten Jury wird aus allen deutschen Neuerscheinungen eines Jahres der beste Thriller ausgewählt. Und "Schwemmholz" ist in der Tat ein herausragender Krimi.
Im Frühjahr 1999 wird bei einem Brandanschlag auf den Wohncontainer einer Ulmer Baufirma ein italienischer Arbeiter schwer verletzt. Die Presse vermutet, dass junge Neonazis ihre Hände im Spiel hatten. Oder geht das Feuer auf das Konto der Mafia? Auch eine plausible Erklärung. Doch Kommissar Berndorf lässt sich nicht von Oberflächlichkeiten beirren. Er schaut bei seinen Fällen immer sehr genau hin. Zunächst nimmt er den Bauunternehmer Gföllner aufs Korn. Wie ist es um dessen Auftragslage bestellt? Bevor er jedoch richtig in den Fall einsteigen kann, liegt die Leiche eines Skins vor dem Landgerichtsgebäude und auf Berndorf selbst wird ein Attentat verübt. Am liebsten würde er sich jetzt in Berlin bei seiner Lebensgefährtin einigelen, sich mit seinem Lieblingsautor Lichtenberg die Zeit vertreiben und die Ulmer mit ihrem Wirrwarr vergessen. Auch eine vorzeitige Pensionierung fasst Berndorf mit seinen 58 Jahren ins Auge. Allerdings: "Das Gefühl, sich wie ein brunzdummer Bulle aufgeführt zu haben, verließ Berndorf erst wieder, als er auf der Autobahn war," und die Suche nach den Killern fortsetzt.
Am Ende, als alle Fäden entwirrt sind, geht es der Ulmer Schickeria an den Kragen. Längst nicht alle Architekten haben eine makellose weiße Weste. Auch wenn das intakte, heile Familienleben in der Presse noch so oft betont wird.
"Schwemmholz" beschreibt sehr genau die Zeit im Frühjahres 1999, das Anfang Mai mit einer noch nicht da gewesenen Hochwasserkatastrophe der Donau endet. Die Spezialität Ritzels ist der ungeheuer dichte Handlungsablauf: selbst die Nachrichten, die im Hintergrund im Fernsehen zu hören sind, sind authentisch. Ja, sogar die bis heute mit rot verschmierter Farbe verunstalteten steinernen Löwen des Gerichtsportals bleiben nicht unerwähnt.
Zusammen mit den differenzierten Personenbeschreibungen, entwickelt Ritzel im Kopf des Lesers einen hervorragenden Film. Dazu hat sich der kleine Libelle Verlag eine nützliche Besonderheit einfallen lassen: Vom Bauunternehmer bis zu den Polizisten sind alle Namen auf der Innenseite des Buchumschlags aufgelistet, so dass auch nach einer längeren Lesepause schnell die Orientierung wieder vorhanden ist.
Wer Lust auf einen guten durchdachten Krimi hat mit Sozialkolorit, Schwaben Schickeria und einer ordentlichen Portion Zeitgeist, der liegt bei "Schwemmholz" richtig. Übrigens, der erste Kriminalfall von Kommissar Berndorf "Der Schatten des Schwans" , ist ebenso empfehlenswert.
manuela haselberger
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Freitag, 18. September 1998
Es war später Abend. An einem Klapptisch saß ein einzelner Mann, ein leeres Glas vor sich. Im Fernsehen lief ein Boxkampf. Der Empfang war schlecht im Wohncontainer, draußen auf der Baustelle liefen die Starkstromkabel zu nah vorbei. Auf dem Bildschirm bekämpften sich wolkige Ungeheuer.
Der Mann stand auf und ging zu dem Gerät, das auf einem Rollschrank stand. Er verschob die Antenne. Der Ton brach ab, Waschbrettlinien liefen über den Bildschirm. Schemenhaft tauchten die Ungeheuer wieder auf. Plötzlich war auch der Ton da und das Bild scharf. Der Mann ging zur Holzbank hinter dem Klapptisch zurück und setzte sich wieder. Ein untersetzter blonder Bursche, den geröteten Kopf geduckt, die Fäuste hochgezogen, schob sich durch den Ring, drang auf seinen Gegner ein oder versuchte es wenigstens. Aber der hoch gewachsene Russe hielt ihn auf Abstand, linke Geraden durchschlugen die Deckung des Blonden und warfen ihn eins ums andere Mal zurück. Es war erst die zweite Runde, und der Russe hatte noch kaum mit seiner Rechten zugeschlagen. Wenn er es tut, ist es aus, dachte der Mann. Ungleicher Kampf. Ein Gong ertönte, die beiden Boxer gingen in ihre Ecken. Auf dem Bildschirm sah man eine Frau beim Haarewaschen. Strahlend hielt sie eine Plastikflasche in die Kamera, als habe sie das Glück gefunden. Offenbar hatte sie Schuppen.
Der Mann warf einen Blick auf sein leeres Glas. Er zögerte kurz, dann stand er auf, ging in die enge Küche und holte aus seinem Spind eine Flasche Rotwein. Aus der Schublade des Küchentisches kramte er unter Schüsseln und schartigen Küchenmessern den Korkenzieher hervor.
S. 7
U>er Aushang mit der Tagesordnung der Vierten Zivilkammer war mit Terminen voll gestopft. Irgendwo dazwischen war auch die Klage dreier Hauseigentürner gegen die Baufirma Haun & Nachfolger aufgefuhrt. Die Verhandlung hätte um zehn Uhr beginnen sollen, doch im Sitzungssaal ging es gerade um eine defekte Melkanlage und darum, welche Schäden die Huftritte missgelaunter Kühe anrichten.
»Es ist immer das Gleiche mit dieser Kammer, sie haben ihren Terminplan noch niemals eingehalten und werden es auch in alle Ewigkeit nicht tun«, sagte Rechtsanwalt Simpfendörfer zu seinem Mandanten Jörg Welf. Simpfendörfer trug eine silberfarbene Juristen-Krawatte zu einem karierten Jackett von leicht verblichener Eleganz. »Unser Fall wird frühestens in anderthalb Stunden aufgerufen.«
Welf betrachtete die Krawatte. »Da hätten Sie mich aber vorwarnen können«, sagte er. »Ich hasse es, zu warten.« Sie standen auf dem Flur, der am östlichen Treppenhaus vorbeiführte. Einige Meter entfernt von ihnen steckte die Gegenpartei die Köpfe zusammen, zwei Ehepaare und eine einzelne ältere Frau mit ihren Anwälten. Sie sprachen halb laut, und immer wieder sah eine der Frauen zu ihnen herüber.
Simpfendörfer breitete entschuldigend die Hände aus. »Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand.«
»Das ist leider genau der Vergleich, der mir gerade noch gefehlt hat. Auf hoher See wird mir nämlich übel«, erwiderte Welf. »Außerdem stören mich diese Leute da drüben. Diese eine Frau starrt mich an, als ob ich ihr die Tochter geschändet hätte. Habe ich eigentlich diesen Leuten das Flachdach aufgeredet oder war es im Bebauungsplan so vorgeschrieben? Warum verklagt diese Frau nicht einfach die Stadt?«
S. 33
»Ein Sauwetter ist das«, sagte Berndorf.
»Ja, allerdings«, antwortete der Mann in dem Lodencape. Er zögerte. Dann entschied er sich anders.
»Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag, trotzdem«, sagte er und ging die Treppe hinunter.
Misslaunig äugten die steinernen Löwen neben dem Gerichtsportal in das Aprilwetter. Noch immer waren die Lefzen des einen rot verschmiert. Seit dem Golfkrieg war das so. Diese Farbsprays hielten verdammt lange.
S. 47
Er ließ den Ordner sinken. »Sie sind überhaupt sehr aufmerksam zu uns gewesen. Wiederholt hatten wir Besuch von Ihren Rauschgiftfahndern. Diese Beamten treten sehr energisch auf. So, wie wir es in Italien gut in Erinnerung haben.« Er lächelte nicht mehr. »Nur, als unser Wohncontainer angesteckt wurde, da waren Ihre Beamten leider nicht zur Stelle.«
Berndorf sah ihn ruhig an. Statt einer Antwort zog er die beiden Aufnahmen hervor, die das Landeskriminalamt geschickt hatte. »Kennen Sie diesen Mann?«
Lettner betrachtete die Fotos. Dann wurde sein Gesicht ausdruckslos. »Das sind Polizeifotos, nicht wahr?«
Statt einer Antwort wiederholte Bemdorf seine Frage: »Kennen Sie ihn?«
»Nein«, antwortete Lettner. »Das Gesicht sagt mir nichts.«
»Bei dem Mann soll es sich um einen Salvatore Bertoni handeln«, erklärte Berndorf. »Sagt Ihnen auch der Name nichts?« »Nein«, wiederholte Lettner, plötzlich sehr vorsichtig und kühl wirkend. »Der Name ist mir nicht bekannt. In welche Richtung ermitteln Sie eigentlich, Commissario?«
Das Gefühl, sich wie ein ~ Bulle aufgeführt zu haben, verließ Bemdorf erst, als er wieder auf der Autobahn war. Er glaubte zwar nicht daran, dass der Killer Bertoni - wenn es ihn denn überhaupt gab - von der Edim SA bestellt worden war. Sollte es aber doch so gewesen sein, dachte er, dann wissen sie jetzt wenigstens, dass wir es wissen.
Die Tafelberge der Alb zeichneten sich nachtblau vor der Dämmerung ab. Sein Wagen trieb mit in der Lichterkette des abendlichen Verkehrsstroms. Er hatte es nicht eilig. Sein Büro lockte ihn nicht, und auch nicht seine leere Wohnung.
S. 50
«Es ist nur so...« Sie zögerte. <>Die Leute, von denen der Anschlag in Auftrag gegeben wurde, haben vorerst ihr Ziel erreicht. Für den Termin, den mein Chef heute Morgen wahrnehmen wollte, ist er ausgefallen. Und der Kollege, der an seiner SteIle geschickt wurde, hat nichts gefunden.« Sie hob ihre Hände, die Randflächen nach oben gekehrt. »Ich sollte Ihnen das nicht sagen, aber so ist es nun einmal.«
Barbaras grüne Augen richteten sich erstaunt auf die junge Frau. Eine kleine Stadt in Deutschland, mit einem wunderlich großen Kirchturm, eine Stadt, um das Fliegen zu erfinden oder eine neue Methode, die Welt zu berechnen aber was für merkwürdige Dinge taten sie stattdessen!
S. 124
Freitag, 14. Mai, Berlin
»Sie verstehen das nicht", sagte der junge Mann in dem hochgeschlossenen dunklen Anzug. »Jede Leistung hat ihren Preis. Wenn ich etwas für dich tun soll, musst du mir etwas dafür ge ben. Das ist ein Grundprinzip der Zivilisation.« Sie hatten im Arbeitszimmer die Spätnachrichten angesehen, abgeschirmt vom Geräusch des Smalltalk im Flur und den übrigen Räumen. In einer Magazin-Sendung war es um Millionenbeträge gegangen, die dem Verkauf eines früheren DDR-Chemiekombinats an einen französischen Ölkonzern den Weg geebnet hatten. Berndorf hatte sich törichterweise die Bemerkung erlaubt, die Berliner Republik werde an der Korruptheit ihrer politischen Klasse ersticken, noch ehe sie recht begonnen habe.
»Was sagen Sie da!«, hatte der Junge Mann protestiert, das heißt, so jung war er wohl gar nicht mehr, nach seiner beginnenden Stirnglatze zu schließen. Barbara hatte ihn als den Privatdozenten Dr. Nimmerley vorgestellt. Berndorf hielt ihn für einen der Asteroiden, die am akademischen Abendhimmel ihre Kreise auf der Suche nach einem Lehrstuhl ziehen. Vorerst hatte er sich an Berndorf angedockt.
»Wenn Sie von einer politischen Klasse sprechen, müssten Sie erstens den Begriff Klasse und zweitens die Kriterien definieren, die sie als politische kennzeichnen«, setzte er Bemdorf auseinander. »Drittens aber müssten Sie mir erklären, warum diese Klasse - wenn es denn eine ist - nicht korrupt sein soll. Jedermann ist es.«
S. 164
Der Inhalt war kurz und bündig. Ministerialdirektor Rentz, Personalchef des Innenministeriums, bestätigte den Erhalt von Berndorfs Antrag auf Versetzung in den Ruhestand und bat ihn, am Montag, 31. Mai, bei ihm vorzusprechen. Berndorf schenkte sich ein Glas Mineralwasser ein. Dass ihn Rentz wegen seines Antrags sprechen wollte, war ungefähr so wahrscheinlich wie ein Eingeständnis der Landesregierung, die Polizisten müssten zu viele Überstunden machen. Irgendetwas ist faul, dachte er.
Das Telefon meldete sich. Berndorf verschüttete fast das Mineralwasser, so schnell stellte er das Glas ab, um nach dem Hörer zu greifen.
S. 233
Das Augenlid des Kriminalrats Englin zuckte kurz. »Sie meinen, dieser Fall, oder alle diese Fälle seien jetzt geklärt?« »Soweit ich es beurteilen kann: ja«, antwortete Berndorf. »Desarts hat mir jedenfalls zugesagt, dass er Haftbefehl gegen WeIf beantragen wird.«
»Mir ist die Natur dieses Falls nicht ganz klar«, wandte Englin ein. Er sagte es so nachdenklich, dass sein Augenlid das Zucken vergaß. »Ich meine, hier gehen Beziehungstaten und anderes ziemlich wild durcheinander, Leidenschaft und Habgier, das ist alles nicht so richtig sauber getrennt.« »Vermutlich lässt sich das nie so ganz sauber einsortieren«, meinte Berndorf und tastete nach seinem Nasenspray. »Lassen Sie es mich vereinfacht schildern. WeIf ist irgendwann Mitte letzten Jahres praktisch pleite, an die Wand gedrückt von dem lokalen Beziehungs- und Vergabesystem. Vom Ulmer Filz.« Er warf einen Blick auf Tautka, doch keines von dessen Augen war auf ihn gerichtet. »Sein alter Freund Rodek greift ein. Rodek begibt sich in den Krieg, und als Erstes besorgt er sich eine Kriegskasse. ...«
S. 408
Lesezitate nach Ulrich Ritzel - Schwemmholz
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