Bookinists Buchtipp zu

Henning Mankell

Der Chronist der Winde

Mit seinem Roman "Der Chronist der Winde" hat Henning Mankell all den Straßenkindern dieser Erde ein Denkmal gesetzt. Jenen, die vor Jahren in Brasilien wie lästiges Ungeziefer aus dem Weg geräumt und getötet wurden, gesteht Mankell in seinem Buch ihr Menschenrecht zu.
Eigentlich stammt Mankell aus Schweden, doch seit Jahren ist er zum Pendler zwischen den Welten geworden: Maputo in Mosambik ist genauso sein Zuhause wie Stockholm, wo seine berühmten Wallander-Krimis entstanden sind.



Autorenporträt:
Henning Mankell


In Schweden gehört Henning Mankell, geboren 1948, schon lange zu den meist gelesenen Autoren und seit dem Erscheinen seines ersten Krimis mit Kommissar Wallander aus Ystad, Die fünfte Frau, ist er auch in Deutschland kein unbekannter mehr. Der spannende Thriller erhielt den deutschen Krimi Preis und wurde von den Buchhändlern zum Buch des Jahres gekürt.
Auch der zweite Band Die falsche Fährte hat den Weg in die Top Ten der Bestsellerlisten sofort angetreten.

Doch Henning Mankell ist nicht nur Krimiautor, Regisseur und Dramatiker, er ist auch ein Jugendbuch - Schriftsteller von Rang. Seine vierbändige Reihe um den schwedischen Jungen Joel, mit dem Titel Der Hund, der unterwegs zu einem Stern war, die im Jahre 1956, als Joel elf Jahre alt ist, beginnt, wurde sofort nach Erscheinen mit dem Kinder- und Jugendliteraturpreis ausgezeichnet.

Joel lebt allein mit seinem Vater, einem stillen und insichgekehrten Holzfäller im Norden Schwedens. Am meisten vermisst er seine Mutter Jenny, die eines Tages einfach ihre Koffer gepackt hat und Joel und seinen Vater ohne eine Erklärung verließ. Irgendwann wird er sie fragen, warum sie das getan hat.

Im zweiten Band Die Schatten wachsen in der Dämmerung geschieht um ein Haar ein Unglück. Joel wird von einem Bus angefahren. Glücklicherweise ist er nicht schwer verletzt. Er beschließt, als Dank für seine Rettung, eine gute Tat zu vollbringen und versucht seine Freundin Gertrud zu verkuppeln. Doch so einfach ist das gar nicht....

Das Leben ist auch mit dreizehn Jahren nicht leicht, das ist Joel schnell klar. Er begreift wachsen heißt zu fragen, erwachsen zu werden heißt, langsam alles vergessen, was man als Kind gefragt hat. Und so fasst Joel im dritten Band Der Junge, der im Schnee schlief einen Vorsatz: Er will hundert Jahre alt werden. Dazu muss er sich natürlich abhärten und das gelingt am schnellsten, wenn er in Zukunft sein Bett im Freien aufstellt.

Henning Mankell gehört zu den Erwachsenen, die nicht vergessen haben, wie schwer die Zeit zwischen elf und fünfzehn ist. Er kann sich gut in das komplizierte Innenleben seiner Hauptperson Joel einfühlen, der Junge, der sich selbst die Mutter sein muss und den Vater davon abhält, zu viel Alkohol zu trinken.

Im letzten Band Die Reise ans Ende der Welt macht sich Joel auf, nachdem er die Schule beendet hat, die Mutter in Stockholm zu besuchen. Allerdings hat Mankell für seine Leser kein Happy End bereit, das wäre wohl zu weit von der Realität entfernt. Und so wird Joel mit fünfzehn erwachsen. Er erfüllt sich seinen größten Wunsch und heuert auf einem Schiff an, um endlich seine Sehnsucht zu stillen und die Reise ans Ende der Welt anzutreten.

Hier weiß Mankell sehr genau, wovon er spricht, denn diese Sehnsucht treibt ihn selbst. Er lebt die Hälfte des Jahres in Mosambik, einem der ärmsten Länder der Erde. Dort ist er dabei, ein nationales Theater aufzubauen. Seine Erlebnisse vor Ort hat er für die jugendlichen Leser in Das Geheimnis des Feuers festgehalten. Er erzählt von Sofia, die er an der Ostküste Afrikas getroffen hat und deren Familie vom Bürgerkrieg bedroht, flüchten musste und dabei unendliches Leid erfahren hat.

Seine Mosambik-Erlebnisse verarbeitet er bislang am eindrucksvollsten in seinem Jugendbuch Der Chronist der Winde. Hier erzählt Mankell ein großes, afrikanisches Märchen. Eigentlich lässt er erzählen, und zwar den Bäcker José Antonio Maria Vaz. Er hat trauriges zu berichten: Neun heiße Nächte verbringt José auf dem Dach des städtischen Theaters am Sterbelager des zehnjährigen Straßenkindes Nelio.

Ein Buch, das mich sehr bewegt hat.
An diese Geschichte knüpft er inhaltlich mit TEA-BAG 2003 wieder an. Hier nun verarbeitet er seine afrikanischen und seine schwedischen Eindrücke.
Es geht um ein Flüchtlingsschicksal dreier Mädchen, die sich sehr gewitzt durchschlagen.

Und Afrika lässt ihn nicht los:
In einer geschliffenen, sehr poetischen Sprache erzählt Mankell über die Schwierigkeiten eines Europäers in Afrika heimisch zu werden in seinem Buch Das Auge des Leoparden (2004), einem Kontinent in Schräglage. "Heute sehe ich, dass die Welt Schlagseite bekommen hat, sehe die Armut und das Leiden."

Henning Mankell ist ein vielschichtiger, facettenreicher Autor, mit einem hervorragenden psychologischen Gespür für seine Figuren, unabhängig, ob er einen Thriller für die Erwachsenen schreibt oder von einer Kindheit in Schweden berichtet. Dies wissen seine Leser zu schätzen.


zu den Wallander Krimis

Bücher bestellen . . . von Henning Mankell:

Der Hund, der unterwegs zu einem Stern war
© 1992, Hamburg, Oetinger Verlag, 174 S., 10.90 €

Schatten wachsen in der Dämmerung
© 1994, Hamburg, Oetinger Verlag, 177 S., 10.90 €

Der Junge, der im Schnee schlief
© 1996, Hamburg, Oetinger Verlag, 200 S., 10.90 €

Die Reise ans Ende der Welt
© 1999, Hamburg, Oetinger Verlag, 192 S., 10.90 €

Das Geheimnis des Feuers
© 1997, Hamburg, Oetinger Verlag, 160 S., 10.90 €

Der Chronist der Winde
© 2000, Wien, Zsolnay Verlag, 370 S., 19.90 €

Tea-Bag
© 2003, München, Zsolnay Verlag, 381 S., 23.50 €



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© by Manuela Haselberger
rezensiert am 11.11.1999
01-2001
02-2003

Quelle: http://www.bookinist.de
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